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J. Moscheles, Ouverture zu Schillers Jungfrau von Orleans. W. 91.[H 1]

Die Armuth der wörtlichen Beschreibung fühlt man bei seinen Lieblingsstücken am lebhaftesten; diese Ouverture gehört zu unsern und nicht nur unter den Compositionen von Moscheles. Wenn bei ihrer Aufführung in Leipzig — so viel wir wissen, der ersten in Deutschland — das Publicum dieser gebildeten Stadt sich theilnahmloser bezeigte, als die Composition verdiente, so ist das erklärlich. Vielleicht dachten Viele an die Schillersche prächtig costümirte Tragödie, während unsre Musik allerdings von jener berühmten Begebenheit und einer bewegten Zeit berichtet, aber ohne groß Gepränge und leidenschaftlichen Ausdruck, gleich als ob uns nur die Geschichte interessiren sollte, nicht die Person des Erzählers. Es ist mir bei dieser Musik immer als läse ich in einer alten Ritterchronik, die sauber mit gothischen Buchstaben geschrieben und alterthümlich bunt ausgemalt. Nur gegen den Schluß hin wird es dem Componisten selbst wie wehmüthiger ums Herz an der schönen Stelle, wo Flöten und Clarinetten von oben herab rufen, — derselbe Augenblick, wo die Schillersche Johanna nach dem Regenbogen in der Luft zeigt bei den Worten „Nicht ohne meine Fahne darf ich kommen“ u. s. w. Wollte man sonst Gestalten suchen, so würde man leicht die demüthige Helden-Jungfrau, den ritterlichen Talbot u. A. erkennen können. Hier thut bei Jedem die Phantasie das ihrige; darin aber werden Alle übereinstimmen, daß

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Ignaz Moscheles (1794–1870), böhmisch-österreichischer Pianist und Komponist, seine Konzert-Ouverture für Orchester Jeanne d’Arc F-Dur op. 91 ist von 1834–35. Fassung für Klavier zu vier Händen bei IMSLP