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gerade auf die Zeitung, die mir sagte: daß meine Anstrengung zu spät, und daß wirklich der Preis durch einen Landsmann, durch Lachner[H 1] in München, gewonnen sei. Herzlichen Handschlag meinem deutschen Bruder, obschon sein Kunstwerk, das mir noch unbekannt, in einem andern Geschmack gesetzt ist, als das von mir entworfene. Auch ist mit dem Erwachen meine Nebenbuhlerschaft so stark nicht mehr, und gerne will ich mich mit ihm von den Tagesgötzen wegwenden, zu den alten Lichtern, unter denen die Wolken nur wegziehen können. Schön und rühmlich ist es, mit ihnen die Kunst, einen erhabenen Hain Wingolf,[H 2] von den Verirrungen des Lebens, von allen Anklängen eine Geistessprache rein zu halten, statt sie hinunter zu ziehen in die Kothbefleckte Bahn und sie zur Magd der niedren Leidenschaften zu machen.[H 3]


Wie unser sanfter Gottschalkischer Wedel ordentlich in Wuth gerathen ist über den Franken Berlioz. So fromme Dorfküster, als du, sind wir freilich nicht Alle in der Kunst und die Völker beten die Gottheit verschieden, ja jeder Mensch sie anders an. Berlioz, wenn er noch oft Menschen schlachtet am Altar oder sich toll gebehrdet wie ein indischer Fakir, meint es eben so aufrichtig, als etwa Haydn, wenn er eine Kirschblüthe darbringt mit demüthigem Blick. Gewaltsam wollen wir aber Niemandem unsern Glauben aufdringen.

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Franz Lachner (1803–1890), ein deutscher Komponist und Dirigent: Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 52, Preis-Symphonie, auch Sinfonia passionata (1835).
  2. [WS] Tempel von Göttinen aus der Germanischen Schöpfungsgeschichte.
  3. [GJ] Zuccalmaglios Eigenheit, alle fremdsprachlichen Ausdrücke durch deutsche zu ersetzen, tritt auch in diesem Aufsatze hervor. Es wird die Billigung des Lesers finden, daß ich die überall gebräuchlichen Bezeichnungen „Symphonie, Instrument, Orchester“ etc. in ihr altes Recht wieder eingesetzt habe. Ebenso habe ich einige stilistische Unebenheiten ausgeglichen, die Zuccalmaglio so leicht aus der Feder flossen, weil er rasch schrieb und es nicht liebte, hinterher viel zu feilen. — Es sei noch erwähnt, daß Zuccalmaglio sich in der günstigen Meinung von Lachners Symphonie doch enttäuscht fand, nachdem er sie kennen gelernt hatte. Er nannte sie (1837, VII, 2 MDZ München) ein „Enakswerk“ und meinte, daß die über alles Maß lange Preissymphonie doch nur „den Preis über die Geduld der Zuhörer“ davongetragen habe. I.346. [WS] Hier ist der originale Wortlaut der Vorlage gegeben.
  4. [GJ] Dieser Aufsatz war mit dem Goetheschen Motto eingeführt:

    „Ein Kranz ist gar viel leichter binden,
    Als ihm ein würdig Haupt zu finden.“