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mehr, fliege deinen eignen Flug“, – indeß es steht nun einmal da.

Klingt also in dieser Sonate[H 1] auch Vieles an, so namentlich der erste Satz an den schwermüthig sinnenden der letzten A dur-Sonate von Beethoven, und der letzte im Allgemeinen an Webersche Weise, so ist dies nicht schwächliche Unselbständigkeit sondern geistiges Verwandtsein. Wie das sonst drängt und treibt und hervorquillt! So grün und morgendlich alles wie in einer Frühlingslandschaft! Was uns hier berührt und anzieht, ist nicht das Fremde, nicht das Neue, sondern eben das Liebe, Gewohnte. Es stellt sich nichts über uns, will uns nichts in Erstaunen setzen; unsern Empfindungen werden nur die rechten Worte geliehen, daß wir sie selbst gefunden zu haben meinen. Sehe man nur selbst zu!“

Wir kommen zu unsern Lieblingen, den Sonaten von Franz Schubert, den Viele nur als Liedercomponisten, bei Weitem die Meisten kaum dem Namen nach kennen. Nur Fingerzeige können wir hier geben. Wollten wir im Einzelnen beweisen, für wie hochstehende Werke wir seine Compositionen erklären müssen, so gehört das mehr in Bücher, für die vielleicht noch einmal Zeit wird.

Wie wir denn alle drei Sonaten, ohne tausend Worte, geradezu nur „herrlich“ nennen müssen, so dünkt uns doch die Phantasiesonate[H 2] seine vollendetste in Form und Geist. Hier ist alles organisch, athmet alles dasselbe

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Mendelssohns Klaviersonate E-Dur op. 6 (1826). Ihr erster Staz „Allegretto con espressione“ hat thematische Ähnlichkeit mit dem ersten Satz „Etwas lebhaft und mit der innigsten Empfindung (Allegretto, ma non troppo)“ von Beethovens Klaviersonate A-Dur op. 101 (1816).
  2. [WS] Franz Schubert Klaviersonate G-Dur op. 78 D894, die Fantasiesonate (1826).