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F. Meritis zu sehen, wie er die Geisteswindungen der Compositionen vom Feinsten bis zum Stärksten vorausnüancirte mit dem Auge und als Seligster voranschwamm dem Allgemeinen, anstatt man zuweilen auf Capellmeister stößt, die Partitur sammt Orchester und Publicum zu prügeln drohen mit dem Scepter. – Du weißt, wie wenig ich die Streite über Temponahme leiden mag und wie für mich das innere Maaß der Bewegung allein unterscheidet. So klingt das schnellere Allegro eines Kalten immer träger als das langsamere eines Sanguinischen. Beim Orchester kommen aber auch die Massen in Anschlag: rohere, dichtere vermögen dem Einzelnen wie dem Ganzen mehr Nachdruck und Bedeutung zu geben; bei kleineren, feineren hingegen, wie unserm Firlenzer, muß man dem Mangel der Resonanz durch treibende Tempos zu Hülfe kommen. Mit einem Worte, das Scherzo der Symphonie[H 1] schien mir zu langsam; man merkte das auch recht deutlich dem Orchester an der Unruhe an, mit der es ruhig sein wollte. Doch was kümmert dich das in deinem Mailand und wie wenig im Grund auch mich, da ich mir ja das Scherzo zu jeder Stunde so denken kann, wie ich eben will. Du fragst, ob Maria dieselbe Theilnahme wie früher in Firlenz finden würde. Wie kannst Du daran zweifeln? – nur hatte sie eine Arie[H 2] gewählt, die ihr mehr als Künstlerin Ehre, denn als Virtuosin Beifall brachte. Auch spielte ein westphälischer Musikdirector[H 3] ein Violinconcert von Spohr, gut, aber zu blaß und hager.[H 4]

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] B dur von Beethoven. [WS] 4. Sinfonie B-Dur op. 60, dritter Satz „Allegro vivace“.
  2. [GJ] Arie von C. M. v. Weber, eingelegt in Lodoiska. [WS] Lodoïska (1791) ist eine Oper von Luigi Cherubini. Carl Maria von Weber schrieb dazu eine sogenannte „Einlege-Arie“, eine Neukomposition, die oft dazu diente, einen Sänger oder eine Sängerin von ihrer besten Seite zu zeigen oder eine Oper für spezifische Situationen zu adaptieren.
  3. [GJ] Otto Gerke.
  4. [GJ] Hier ausgelassen: „Außerdem Introduction aus [Cherubinis] Ali Baba, die uns gar nicht gefallen.“