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„daß ich dich endlich einmal wieder zusammen habe, Publicum, und aufeinander hetzen kann … schon längst, Oeffentliches, wollt’ ich Concerte für Taubstumme errichten, die dir zur Richtschnur dienen könnten, wie sich zu betragen in Concerten, zumal in den schönsten … wie Tsing-Sing[H 1] solltest du zum Pagoden versteinert werden, fiel’ es dir ein, etwas von den Dingen, die du im Zauberland der Musik gesehn, weiter zu erzählen“ u. s. w. Meine Betrachtung unterbrach die plötzliche Todtenstille des Publicums. F. Meritis trat vor. Es flogen ihm hundert Herzen zu im ersten Augenblicke.[H 2]

Erinnerst Du Dich, als wir des Abends von Padua weg die Brenta hinabfuhren; die italienische Gluthnacht drückte einem nach dem andern das Auge zu. Da am Morgen rief plötzlich eine Stimme: ecco, ecco, Signori, Venezia! – und das Meer lag vor uns ausgebreitet, still und ungeheuer, aber am äußersten Horizonte spielte ein feines Klingen auf und nieder, als sprächen die kleinen Wellen mit einander im Traume. Sieh, also weht und webt es in der „Meeresstille“,[1] man schläfert ordentlich dabei und ist mehr Gedanke, als denkend. Der Beethovensche Chor nach Goethe[H 3] und das accentuirte Wort klingt beinah rauh gegen diesen Spinnewebenton der Violinen. Nach dem Schluß hin löst sich einmal eine Harmonie los, wo den Dichter wohl das verführerische Auge einer Nereustochter[H 4] angeschaut haben mag, ihn hinabzuziehen,

  1. Ouverture von Mendelssohn.

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Tsing-Sing, die komische Figur in Aubers chinesischer Feerie ([WS] auch: Féerie, frz. „Zauberwelt“; Theatergenre) „das eherne Pferd“. [WS] Daniel-François-Esprit Auber (1782−1871), französischer Komponist, schrieb 1835 Le cheval de bronze WP engish.
  2. [GJ] Schumann kündigte in der Zeitschrift vom 4. Sept. Mendelssohns Ankunft mit den Worten an: „Felix Mendelssohn-Bartholdy ist in Leipzig angekommen, um die nächsten Winterconcerte im Gewandhaussaale zu leiten. Wir haben dieser Anzeige nichts hinzuzufügen, als was sich Jeder, der ihn recht innig verehrt, selbst sagen mag.“ I. 336.
  3. [WS] Meeresstille und glückliche Fahrt op. 112 (1814–1815) ist eine Kantate für Chor und Orchester von Ludwig van Beethoven nach den beiden gleichnamigen Gedichten von Johann Wolfgang von Goethe.
  4. [WS] Nereustochter, eine der fünfzig Nereiden, Meeresnymphen.