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DAS ZEITGEDICHT

Ich euch gewissen · ich euch stimme dringe
Durch euren unmut der verwirft und flucht:
›Nur niedre herrschen noch · die edlen starben:
Verschwemmt ist glaube und verdorrt ist liebe.

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Wie flüchten wir aus dem verwesten ball?‹

Lasst euch die fackel halten wo verderben
Der zeit uns zehrt · wo ihr es schafft durch eigne
Erhizte sinne und zersplissnes herz.

Ihr wandet so das haupt bis ihr die Schönen

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Die Grossen nicht mehr saht – um sie zu leugnen

Und stürztet ihre alt- und neuen bilder.
Ihr hobet über Körper weg und Boden
Aus rauch und staub und dunst den bau · schon wuchsen
In riesenformen mauern bogen türme –

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Doch das gewölk das höher schwebte ahnte

Die stunde lang voraus wo er verfiel.

Empfohlene Zitierweise:
Stefan George: Der siebente Ring. Blätter für die Kunst, Berlin 1907, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Der_siebente_Ring.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)