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DIE TOTE STADT

Die weite bucht erfüllt der neue hafen
Der alles glück des landes saugt · ein mond
Von glitzernden und rauhen häuserwänden ·
Endlosen strassen drin mit gleicher gier

5
Die menge tages feilscht und abends tollt.

Nur hohn und mitleid steigt zur mutterstadt
Am felsen droben die mit schwarzen mauern
Verarmt daliegt · vergessen von der zeit.

Die stille veste lebt und träumt und sieht

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Wie stark ihr turm in ewige sonnen ragt ·

Das schweigen ihre weihebilder schüzt
Und auf den grasigen gassen ihren wohnern
Die glieder blühen durch verschlissnes tuch.
Sie spürt kein leid · sie weiss der tag bricht an:

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Da schleppt sich aus den üppigen palästen

Den berg hinan von flehenden ein zug:

Empfohlene Zitierweise:
Stefan George: Der siebente Ring. Blätter für die Kunst, Berlin 1907, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Der_siebente_Ring.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)