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holen Versäumtes nach und treten nach Belieben aus. Nach dieser Darlegung des Sachverhalts dort und hier sieht man leicht ein, warum man dort die Sonntagsschule für eine große Wohlthat hält, während man hier ihre Beseitigung wünscht. Dieselben erfreulichen Resultate wie dort ergaben sich auch in Deutschland da, wo strebsame, aus der Zwangs-Sonntagsschule entlassene Jünglinge die Errichtung einer freiwilligen Sonntags- oder Fortbildungsschule veranlaßt haben. Die neuerlich empfohlenen, hier und da bereits eröffneten Fortbildungsschulen werden wenig nützen, da sie mehr oder weniger Zwangsanstalten sind.

Nachdem sich der Schulzwang erfahrungsmäßig als wirkungslos erwiesen hat, beantragen Viele die Aufhebung desselben. Viele stimmen diesem Antrage nicht bei, weil sie befürchten, die Aufhebung des Schulzwanges werde dem religiös-sittlichen Volksleben Nachtheil bringen und die Schulen entleeren. Allein die befürchtete Verschlimmerung wird, der vorstehenden Darlegung zufolge, nach Aufhebung des Schulzwanges nicht eintreten; auch werden die Schulen nicht leer stehen: die meisten Eltern werden freiwillig ihre Kinder in die Schule schicken, wie schon jetzt Viele ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder in die Schule schicken, sei es auch nur, um diese von der Gasse wegzubringen und der Beaufsichtigung überhoben zu sein. Die Minderbegabten, welche in unseren Volksschulen durchschnittlich ein Drittel der Schülerzahl bilden, haben von einem siebenjährigen Schulbesuche keinen bleibenden Gewinn, während sie der Schule großen Nachtheil bringen; denn um ihrer willen muß der Lehrer nothgedrungen die übrigen zwei Drittel seiner Schüler vernachlässigen. Nach Aufhebung des Schulzwanges werden jene Minderbegabten meist von der Schule wegbleiben, anderweitig nützlicher beschäftigt werden, und die Lehrer werden erfolgreicher unterrichten.

Wie wir vor 60 und mehr Jahren, als die Staatsregierung das Volksschulwesen in die Hand nahm, zuversichtlich erwarteten, daß durch die Volksschulen das religiös-sittliche Volksleben besser werden würde, so erwartet man jetzt eine Besserung des Volkslebens durch Trennung der Volksschule von der

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Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 3). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1880, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_3).pdf/178&oldid=- (Version vom 1.8.2018)