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insgesammt erwarteten zuversichtlich ein besseres Volksleben nach der Einführung des evangelischen Lehrbegriffs und Gottesdienstes, und standen schmerzlich getäuscht und rathlos, als keine Besserung eintrat. An ein Ruhetagsgesetz in der besprochenen Fassung dachte Niemand; in den heilsbronner Aufschreibungen findet sich keine einzige Anregung in diesem Sinne. Die deutschen Reformatoren hielten jenen rigorosen Ruhetagszwang nicht für nöthig; daher gestaltete sich das religiös-sittliche Volksleben in Deutschland nicht so günstig wie in Schottland. Späterhin suchte man in Deutschland, auch in England, das Versäumte nachzuholen, indem man die Einführung des schottischen Ruhetagszwanges beantragte. Allein die Anträge fanden nicht allenthalben Anklang, da sie meist von Geistlichen und Nichtgeistlichen ausgingen, welchen es dabei zunächst um volle Kirchen, dann überhaupt um Erreichung hierarchischer Zwecke zu thun war.

Es ist berichtet worden, daß und warum es in Schottland besser steht als in England. Aus gleichem Grunde steht es in Holland besser als in Belgien. Beide Länder haben sehr freie Institutionen, besonders Belgien; gleichwohl ist in Holland das religiös-sittliche Volksleben besser als in Belgien. Der Erklärungsgrund liegt theils darin, daß Holland durch seine Lostrennung von Spanien und durch die Reformation eine freiere Geistesrichtung gewonnen, theils darin, daß es durch ein Reichsgesetz den Ruhetagszwang eingeführt hat. In Deutschland besteht kein solches Reichsgesetz; daher steht das religiös-sittliche Volksleben in Deutschland auf einer tieferen Stufe als in England, Holland und Schottland. Noch schlimmer steht es in Frankreich, weil dort die Gesetze bezüglich des Ruhetages noch weit laxer sind.

Einen Aufschwung des religiös-sittlichen Volkslebens erwartete man zuversichtlich nach den Befreiungskriegen von 1813 und 15, wie sich die Altersgenossen des Verfassers wohl erinnern werden; und in der That schien auch eine Besserung einzutreten; allein schon nach wenig Jahren ging Alles wieder seinen alten Gang. Aus den deutschen Befreiungskriegen erwuchs die deutsche Burschenschaft, deren Streben auch dahin ging, das deutsche Volksleben

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Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 3). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1880, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_3).pdf/171&oldid=- (Version vom 31.7.2018)