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erklärte, wie Abschn. IX u. XI oft erwähnt wurde, die strenglutherische Anschauung bald für die allein wahre, bald für die allein seligmachende und erwartete zuversichtlich, daß der gereinigte Lehrbegriff das religiös-sittliche Leben in allen Schichten des Volkes verbessern werde. Daß man sich in dieser Erwartung getäuscht hat, sahen wir bereits oben im VI. Abschnitt, wo über den Stand des religiös-sittlichen Lebens in allen Klosterpfarreien im Reformationsjahrhundert berichtet wurde. Wie in den Klosterpfarreien, so wurde auch in der Fürstenschule das religiös-sittliche Leben durch den gereinigten Lehrbegriff nicht besser. Liturgie, Predigt, Beichte und Abendmahl, Religionsunterricht, die täglichen zweimaligen Gottesdienste, Bibellektionen während des Essens –, das Alles wurde in strenglutherischem Sinne vollzogen, der Katechismus Luther’s in drei Sprachen eingeprägt; die Predigten mußten von den Scholaren summarisch nachgeschrieben werden; Jeder mußte bei seiner Aufnahme durch Unterschrift versprechen, die Leges über das Verhalten zu befolgen. Gleichwohl war das Leben der Schüler irreligiös und unsittlich schon in der ersten Zeit; noch schlimmer wurden und blieben die Zustände nach dem 30jährigen Kriege in Folge der durch ihn herbeigeführten allgemeinen Verwilderung, namentlich im Familienleben. Augenfällig waren die nach dem Kriege in die Schule aufgenommenen Knaben schon bei ihrer Aufnahme roher als die vor dem Kriege aufgenommenen. Durch das Zusammenleben mit Gleichgesinnten wurden sie noch roher; die verhängten Strafen und die angewendeten religiös-kirchlichen Erziehungsmittel hatten bei ihnen nicht den gewünschten Erfolg; am allerwenigsten die höheren Ortes erlassenen Reskripte und angeordneten Visitationen. Die Prediger, Rektoren und Professoren waren (Hocker ausgenommen) Zöglinge der Fürstenschule. Keiner unter ihnen war im Stande, die Schule zu heben. Obgleich stets von den Regierungen gemaßregelt, blieben sie dennoch, wie sie waren; durch zahllose Reskripte und Verweise wurde nichts gebessert. Es fehlte bei ihnen, wie bei den zwei Regierungen und Fürstenhäusern, Zusammensicht. Die Erfahrung hat jederzeit gelehrt, daß dergleichen

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Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 3). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1880, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_3).pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)