Seite:Georg Büchner - Franzos-Werkausgabe 187.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Zweiter Handwerksbursche. Vergißmeinnicht! Freundschaft! Bruder, soll ich dir aus Freundschaft ein Loch in die Natur machen? Bruder! ich will ein Loch in deine Natur machen, ich will dir alle Flöh’ am Leib todt schlagen. Bruder, ich bin auch ein Kerl, du weißt —

Erster Handwerksbursche. Meine Seele, meine unsterbliche Seele stinket nach Branntewein! Sie stinket, und ich weiß nicht warum. Warum ist die Welt! Selbst das Geld geht in Verwesung über! Der Teufel soll den lieben Herrgott holen! Bruder, ich muß ein Regenfaß voll greinen!

Zweiter Handwerksbursche. Vergißmeinnicht! Warum ist die Welt so schön! — Ich wollt’, unsere Nasen wären zwei Bouteillen, und wir könnten sie uns einander in den Hals gießen. Die ganze Welt ist rosenroth! Branntwein, das ist ein Leben.

Erster Handwerksbursche. Meine Seele stinket, oh! ich lieg mir selbst im Weg’ und muß über mich springen! Das ist traurig!

(Wozzeck stellt sich an’s Fenster, blickt hinein. Marie und der Tambour-Major tanzen vorbei, ohne ihn zu bemerken.)

Wozzeck. Er! Sie! Teufel!

Marie (im Vorbeitanzen). Immer zu! Immer zu!

Wozzeck. Immer zu — immer zu! (Sinkt auf die Bank vor dem Hause) Immer zu! (Schlägt die Hände in einander.) Dreht Euch, wälzt Euch! Warum löscht Gott nicht die Sonne aus! Alles wälzt sich in Unzucht über einander! Mann und Weib und Mensch und Vieh! Sie thun’s am hellen Tag, sie thun’s schier Einem auf den Händen, wie die Mücken. Weib! Weib! Immer zu. (Fährt heftig auf) Wie er an ihr

Empfohlene Zitierweise:
Georg Büchner: Wozzeck. Frankfurt am Main, 1879, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_B%C3%BCchner_-_Franzos-Werkausgabe_187.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)