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Christian Fürchtegott Gellert: Fabeln und Erzählungen.

Glück dazu, um auf gute Erfindungen zu kommen. Dieses Glück ist uns oft entweder nur gewisse Jahre, oder nur zu gewissen Augenblicken geneigt. Glückt es uns mit den Erfindungen: so verläßt uns doch zuweilen der Geist der Lebhaftigkeit, ich weis nicht warum, wenn wir sie ausführen, und ihnen den unschuldigen Schmuck anlegen wollen, den gewisse Theile zu verlangen scheinen. Bald verschlafen wir mitten in der Arbeit die Gelegenheiten zu guten Einfällen und Zierrathen, und bald suchen wir sie gar zu mühsam auf. Bald können wir die natürliche, ungeschmückte und doch gefällige Sprache der Erzählung nicht finden, so sehr wir auch unser Gedächtniß ausfragen. Mit einem Worte: man kann sich bey einer Schrift von dieser Art viele Mühe geben, und doch kaum einige von den Schönheiten erreichen, welche den Charakter der Werke des Geschmacks ausmachen, den Vaniere[1] vortrefflich entworfen hat:

      —       —       ama libellum,
Quem tecum relegant probentque docti,
Tecum intelligat imperita turba;
Quem bis terque legas, manuque semper
Resumas avida; sales novosque,
Quo plus triveris, eruens lepores.


  1. Vaniere in Opusculis p. 208.
Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Fabeln und Erzählungen.. M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch, Leipzig 1769, Seite XLV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gellert_Schriften_1_A_046.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)