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Dieselb hett auch ein jungen Mann
     Den kam ein elend Krankheit an,

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Das er sich legen must zu Bett

     Die Krankheit jn fast engsten thet,
Das er auch mit dem Todte facht,
     Den hätt die Frauw in guter acht.
Getrübt sich deß so mechtig sehr

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     Daß sie auch kaum kundt reden mehr.

Da sprach jr Vatter, Tochter mein,
     Bitt, wöllest nit so trawrig sein,
Würd dir ietzt schon der Mann absterben
     Ich wolt dir vmb ein andern werben.

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Ich weiß auch daß derselb für allen

     Dir baß denn dieser solt gefallen,
Vnd dich wol bald also gewehnen,
     Das dich nicht darffst nach diesem sehnen,
Darab erzörnt die junge Frauw

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     Vnd sprach zum Vatter auf mein trauw,

Ihr seht ich bin betrübtes herzen
     Dennoch vermehrt jr mir den schmerzen,
Das jr mir sagt vom andern Mann
     Das wort ich zwar nicht hören kan

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Das aus meines krancken Mannes lieb

     Ich mich gar herzlich sehr betrüb,
Bald thet derselbig Man verscheiden
     Darab der Frauwen hertzlich leiden
Mit Trauwrigkeit ward sehr vermehrt,

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     Wie uns die folgende that lehrt,

Mit weinen sie den Man beklagt
     Darneben auch jren Vater fragt,
Vnd sprach, ich bitt, mir sagen wöllen
     Wie ists umb den jungen Gesellen

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Von dem jr heut gesaget hat,

     Ist er auch hie in dieser Statt?

Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Fabeln und Erzählungen. M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch, Leipzig 1769, Seite XXX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gellert_Schriften_1_A_031.jpg&oldid=- (Version vom 26.3.2023)