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zugleich als erreichtes Ziel, als Errungenschaft, als Resultat seines sittlichen Handelns und Strebens. So hätte es auch bei Adam sein sollen. Was in ihm gelegt war von Gottes wegen, das sollte er bewähren durch freie That, das sollte nicht blos Inhalt seines Willens, sondern auch Errungenschaft seines Handelns werden. Ebenso ist es auch bei Christo. Zu diesem Zweck muß der zweite Adam wie der erste in Versuchung eingehen. Ebr. 4, 15 heißt es: „Er ist versuchet allenthalben gleich wie wir, doch ohne Sünde.“ Der Satan hat ihn versucht und zwar heben sich zwei Versuchungen heraus: die in der Wüste und die in Gethsemane, sowie überhaupt in seinem ganzen Leiden. In der ersten Versuchung namentlich erscheint der HErr ganz als der zweite Adam, der in ähnliche Lage versetzt, gut machen sollte durch seinen heiligen Gehorsam und Sieg über die Versuchung, was der erste Adam durch seinen Ungehorsam und sein Unterliegen in der Versuchung verbrochen hat. Lust, Genuß, Ehre (1. Joh. 2, 16), das waren dort die Lockmittel des Satans, durch welche er ihn von dem Weg seines Erlöserberufs abbringen wollte; in Gethsemane war die Furcht vor dem Leiden und die Empfindung des Leidens selbst das Schreckmittel, durch welches er gleichfalls zum Ungehorsam gegen den Willen und den Ratschluß seines Vaters verführt werden sollte. Es sind ja das die zwei Haupterscheinungen und Gestalten der Versuchung. Die Versuchung ist entweder eine Lockung oder eine Abschreckung; entweder durch die Erregung der Lust nach einem verbotenen Genuß oder die Furcht vor dem Leiden, welches man auf dem Wege des Gehorsams der göttlichen Gebote erdulden muß, sucht der Teufel zur Sünde zu verführen. Luk. 4, 13; Joh. 14, 30. Der HErr aber hat die Versuchung in ihren beiden Formen, in welchen sie an einen Menschen heranzutreten pflegt, siegreich bestanden und sich dadurch als der Heilige bewährt.

 Ebenso wie der Teufel versucht ihn auch die Welt. Jener Spott z. B., der wie ein Hagel von Pfeilen um den Gekreuzigten herschwirrte und ihn zur Zielscheibe nahm, war ja doch auch nichts anderes, als eine Versuchung zur Ungeduld, zu eigenmächtiger Selbsthilfe, also auch zum Ungehorsam, ferner auch eine Versuchung zum Zorn und zur Rachsucht. Jes. 53; Psalm 22; 1. Petri 2, 21 etc.

 Er war für die Versuchung zugänglich, doch blieb er ohne Sünde, d. h. die Versuchung fand keinen Anknüpfungspunkt in ihm, – das ist der Unterschied zwischen ihm und uns. Das Herz des