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Häuslichkeit. Das Familienleben kommt bei ihnen zur Geltung und Ehren; die Hausfrau ist geachtet. Jahrhundertelang hörte man in Rom von keiner Ehescheidung. Über die Sittenreinheit wachten in ihrer Blütezeit Sensoren. Die Eidestreue und die Unbestechlichkeit der Römer war berühmt. In Wahrheit konnte man das alte Rom eine „Herberge aller Tugenden“ (Valerius Maximus) nennen. Bekannt sind die Beispiele aufopfernder Vaterlandsliebe. Das allgemeine Wohl galt als das höchste Lebensgesetz der Römer.

 Neben den alten Kulturvölkern verdient auch die Sittenreinheit der noch barbarischen Deutschen eine rühmende Erwähnung. Die Treue im gegebenen Wort, die Achtung des Weibes, die treue Anhänglichkeit an ihre angestammten Führer und Fürsten, ihr religiöser und aufs Höhere gerichteter Sinn erregen auf ihrer Bildungsstufe Verwunderung.

 b) Das sind die Lichtseiten des Heidentums, aber grauenhaft ist dagegen die Nachtseite. Es zeigt sich da, was die Sünde aus dem Menschen machen kann, wenn sie sich ungehindert entwickelt und wenn sich die dämonischen Gewalten seiner bemächtigen und ihn in eiserne Fesseln schlagen. Schnell entwickelt sich bei Kain und seinem Geschlecht die Sünde zu einer widergöttlichen Macht und nimmt einen dämonischen Charakter an. Kains Brudermord und Abgeschiedenheit von Gott zeigt, welche Macht hier der Teufel gewonnen hat, 1. Joh. 3, 12: „Nicht wie Kain, der aus dem Argen war.“ Welch’ ein gewaltiger Abstand: ein verführter und gefallener Mensch wie Adam – und ein in der Sünde verhärteter, ihr unwiderbringlich verhafteter Mensch, „ein Kind des Teufels“, 1. Joh. 3, 10, wie Kain und sein Geschlecht! Welche Gottentfremdung, Gen. 4, 16, welche ausschließliche Hingabe an die Welt und ihre Bestrebungen v. 17 ff.!

 Anm. Die ersten Kulturbestrebungen waren ganz im Sinne des Materialismus: Städtebauen; Musik, Gewerbe, Viehzucht.

 Riesenhaft groß wird die Sünde nach Umfang und Tiefe in der Zeit vor der Sintflut. Die „Gewaltigen in der Welt und berühmten Leute, Tyrannen“, Gen. 6, 4, sind Bastarde, aus der Mischung der Kinder Gottes mit den Töchtern der Menschen entstanden. So nach jener Meinung, daß die Kinder Gottes Engel sind, die sich mit Menschen vermischten und dadurch einen zweiten Engelfall herbeiführten, wohin dann Jud. v. 5, 6 u. 7 und 2. Petr. 2, 4 gezogen wird. Man verweist auch auf die Halbgötter in der griechischen Mythologie.) Es sind