Seite:Friedrich Bauer - Christliche Ethik auf lutherischer Grundlage.pdf/42

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in der Bibel auch einen Beleg: die Namengebung der Tiere ist ja die erste Übung und Erprobung des Erkenntnisvermögens des Menschen gewesen. Wie der Mensch die Tiere nannte, so sollten sie heißen. Er sollte ihnen Namen geben, d. h. er sollte ihr Wesen zum Ausdruck bringen; denn der Name, wenn er ist was er sein soll, ist die Bezeichnung des Wesens eines Dinges. Auch die prophetische Rede über die Ehe, nämlich über die Festigkeit und Innigkeit des ehelichen Bandes, welches die Menschen fester verbindet, als das Band ist zwischen Eltern und Kindern, zeugt von einem Tiefblick in die natürlichen Verhältnisse. Prophetisch ist die Rede insofern, als Adam (? cf. Matth. 19, 4–5) ja selber keine Erfahrung haben konnte von der Innigkeit des Bandes, welches die Kinder mit den Eltern verknüpft. Daraus sehen wir also, daß die Erkenntnis beim Menschen eine vollkommene gewesen ist, daß hierin ein Stück Gottesebenbildlichkeit liegt.

 Das dritte Stück der Gottesähnlichkeit des Menschen endlich war die Seligkeit, die vollkommene Harmonie des Menschen mit Gott, mit sich und der Kreatur, die Freude am Dasein, die Lebensfreude, der Genuß des Daseins. Diese Seligkeit bestand einesteils negativ in der Abwesenheit alles Leides und Wehes, in der Leidensfreiheit, der ἀπάθεια, der Abwesenheit alles dessen, was das menschliche Wohlsein stören konnte, also auch des Todes. Hier hat die Unsterblichkeit ihre Stelle. Alles Leiden und Übel fehlte; alles Leiden aber vollendet sich im Tode; mithin gehörte die Unsterblichkeit zur Seligkeit des Menschen und zur Ähnlichkeit seines Seins mit dem Sein Gottes, der auch der Selige ist, 1. Tim. 1, 11; 6, 15–16. „Der allein Unsterblichkeit hat.“ Positiv aber bestand die Seligkeit in der Gemeinschaft mit Gott (der ja mit dem Menschen im Garten wandelte am Abend, wenn es kühl ward), in der Harmonie des Menschen mit sich selbst und mit der ihn umgebenden Kreatur.

 Entsprechend dieser Seligkeit seines Gefühls und in ihrer Weise auch zu derselben beitragend war die äußere Umgebung des Menschen, das Paradies, in dem er wohnte. – Die Schriftbegründung ist teils aus diesen Andeutungen der Schöpfungsgeschichte zu nehmen, teils aus einem Rückschluß aus dem neuen Testament, aus dem, was durch den Geist Gottes und durch die Wiedergeburt im Stande der Gnade wieder hergestellt ist.

 Nun bekommt auch das dominium in creaturas eine ethische Bestimmtheit. Weil der Mensch vollkommene Erkenntnis der Kreatur