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der Mensch davon macht, bestimmt seine Lebensrichtung im Guten und im Bösen, aber auch das Endurteil Gottes über ihn. Wie groß dieser Vorzug sei, ist ersichtlich daraus, daß Gott die freie Willensentscheidung des Menschen auch dann achtet, wenn sie seinem (Gottes) Willen geradezu widerspricht und dem Menschen zum Verderben gereicht, Matth. 23, 37: „Wie oft habe ich euch versammeln wollen und ihr habt nicht gewollt.“ (Mit der Persönlichkeit ist auch die Unsterblichkeit gesetzt. Auch darin zeigt sich des Menschen Gottesebenbildlichkeit.)

 Der Mensch ist aber auch ein seiner selbst bewußtes Wesen, d. h. er findet in dem Wechsel geistiger und leiblicher Triebe ein Zentrum seiner geist-leiblichen Natur, das er als „Ich“ bezeichnet. Er unterscheidet dieses Zentrum seiner Person von seiner Natur, obgleich diese nicht als ein ihm sachlich gegenüberstehendes Unpersönliches zu denken ist. Der Mensch, das erkennende und wollende „Ich“, kann sich selbst, seine Natur, zum Gegenstand seines Erkennens machen, das Subjekt kann sich zum Objekt machen. Auch darin gibt sich seine Gottähnlichkeit zu erkennen; 1. Kor. 2, 10 ff. heißt es: „Der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne den Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand was in Gott ist, ohne der Geist Gottes.“ Die Parallele ist ein Beweis für obige Behauptung. (Die Stelle gibt aber eine weitere Andeutung über den Unterschied von Wesen und Person auch in Gott, über die Selbstobjektivierung (?) Gottes in den Personen und über die Befähigung des Menschen, nicht bloß sich, sondern auch Gott zu erkennen.) Das Selbstbewußtsein des Menschen wird geweckt, indem ihm anderes gegenübertritt, nämlich die Welt Gottes, hinter ihr Gott selber. Er lernt sich unterscheiden von der Welt, die ihn umgibt, und erkennt sich doch auch als einen Teil der Welt. Er führt das Dasein der Welt und sein eigenes auf eine höhere Ursache zurück, nämlich Gott, unterscheidet also sich mit der Welt von Gott, dem Urheber. Er unterscheidet endlich in seinem eigenen Wesen sein Ich von der ihm verliehenen Natur.

 Unter Welt (κόσμος) versteht die Schrift die Gesamtheit der kreatürlichen Schöpfung (Matth. 25, 34; Luk. 11, 50), oder die Erde mit allem, was darauf ist von Natur, und wie es geschichtlich geworden ist (Mark. 14, 9; 16, 15; 1. Tim. 6, 7; Matth. 4, 8), oder die Menschenwelt (Matth. 13, 38), oder die Erde und die Menschenwelt zusammen (Joh. 1, 9, 10). Es bezeichnet aber die Schrift auch das in