zwischen dem, was eigentlich gesagt und wirklich ist, und was bildliche Darstellung ist, namentlich ist es in der Offenbarung schwer, wo wir nur Gesichte haben. Aber das überläßt man Gott und hält nur fest, daß, so gewiß Christus auferstanden ist und so gewiß unsere Leiber im Himmel sein werden, daß dort auch eine angemessene Umgebung und Natur sein muß.
Da ist nun zunächst der Satz aufzustellen, daß der Christ den HErrn immerdar als im Kommen begriffen ansieht, als den, der wiederkommt, nicht als den, der gegangen ist, wie denn schon bei der Himmelfahrt dieser Gedanke „er ist weggegangen“ verdrängt wird durch den: „er wird wiederkommen,“ deshalb heißt der HErr in der Offenbarung ὁ ἐρχόμενος. So werden die Gerichtsereignisse als ein Kommen des HErrn bezeichnet: Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören. Überhaupt werden die Gerichtsereignisse und die Heimsuchungen, die den einzelnen in seinem Leben treffen, und die Gerichte, die über die Welt ergehen, als eine Parusie oder als ein Kommen des HErrn bezeichnet. „Ich werde dir kommen bald und deinen Leuchter umstoßen,“ Apok. 2, 5. Bekannt ist, daß in den letzten Reden des HErrn Matth. 24 die Zerstörung Jerusalems als der Anfang seines Kommens bezeichnet wird. Vermöge des Gesetzes der prophetischen Perspektive rückt dieses erste Gericht über das Volk Israel zusammen mit dem Gericht über die Welt, es erscheint als die Ouvertüre zum Weltgericht, daher die Schwierigkeit des Verständnisses jener Rede, namentlich die Schwierigkeit zu unterscheiden, wo der HErr von der nächsten und wo er von der fernsten Zukunft spricht; es fließt das in manchen Stellen ganz ineinander. – Vor der Wiederkunft Christi nun erfüllt sich die Christenhoffnung nur interimistisch, nur unvollkommen, insofern nämlich der Empfang des vollen Hoffnungsgutes erst eintritt, wenn das Ganze des Heils zur Vollendung gebracht ist. Natürlich ist die Wiederkunft des HErrn und was alles durch dieselbe für die Vollendung des Heils geschieht und ermöglicht wird, auch ein Gegenstand des christlichen Hoffens. Aber so lange dies Ereignis noch nicht eingetreten ist,
Friedrich Bauer: Christliche Ethik auf lutherischer Grundlage. Selbstverlag der Missionsanstalt, Neuendettelsau 1904, Seite 342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_Bauer_-_Christliche_Ethik_auf_lutherischer_Grundlage.pdf/355&oldid=- (Version vom 1.8.2018)