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Tod schon dem Sterbenden auf der Zunge sitzt, wenn alle Lebenshoffnung für sie entflohen ist, das Abendmahl für ihn begehren, weil sie meinen, es werde durch den Genuß eine Krisis eintreten, es müsse sich wenden zum Bessern oder Schlechtern. Da gilt es also nicht zu säumen. Das Sakrament wird dann zur heiligen Wegzehrung. Der Christ soll die Sehnsucht in sich nach diesem letzten Genuß des heiligen Abendmahls erwecken. Es muß bei ihm die Stimmung sein wie bei dem HErrn, da er am letzten Abende seines Lebens sagte: „Mich hat herzlich verlangt, dies Osterlamm mit euch zu essen, ehe denn ich leide.“ Schön vergleichen die Agenden den letztmaligen Genuß des heiligen Abendmahls mit jener Speise, welche dem Elias in der Wüste gegeben wurde und in deren Kraft er bis zum Berge Gottes Horeb ging, wo er dann Gott schaute.

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 bb) Das Verhalten der Angehörigen und Umstehenden bei und nach dem Sterben. Nicht passend an einem Sterbebett ist laute Klage, heftiger Ausbruch des Schmerzes, herzzerreißendes Jammern, weil dadurch ja dem Sterbenden der Abschied erschwert wird. Dagegen soll der Sterbende unterstützt werden durch Gebet mit ihm, oder durch Fürbitte für ihn, oder durch beides, auch soll man ihm als die tröstliche Arzenei kräftige Sprüche aus Gottes Wort eingeben und so der ringenden Seele im letzten Kampf und Strauß mit den glänzendsten Waffen zu Hilfe eilen (Löhes Rauchopfer). Dem Sterbenden wird dann der letzte Segen erteilt. Einen Segenswunsch kann ja auch jeder Christ geben; den Amtssegen, die Einsegnung vollzieht der anwesende Geistliche, einbeten nennen es die Leute schön, wie man ein Kind einbetet zum Schlaf. – Nach dem Sterben geziemt sich ein Dankgebet, wenn auch unter Thränen, zu dem man aber dennoch Drang und Trieb hat, weil besonders bei schwerem Todeskampf nach eingetretenem Tode in die Seelen der Umstehenden ein tiefes Gefühl der Beruhigung sich legt. Wenn nun die große Not vorüber ist und die gewaltige Anspannung des Leibes und der Seele einer Abspannung und Erleichterung Platz macht, da kommt doch der Dank, daß nun überwunden und der schwere Gang und saure Kampf vollendet ist. Es kommt durch alle Schmerzen das Gefühl: „Gottlob, es ist vollbracht!“ zum Durchbruch. Das Ende ist die Bitte um selige Nachfahrt, die deswegen auch in alten Agenden nicht fehlt. Da sind wir dann aber am Ende, denn wir können uns nicht entschließen, von protestantischem Standpunkt aus, durch Gebet auf den Zustand der Verstorbenen einwirken zu