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geübt wird in der Geduld; Geduld wird erlangt durch Übung, die Übungsschule ist das Kreuz. Erst wenn die Geduld gelernt und geübt ist, wenn der Mensch schon eine Probe hinter sich hat und zwar eine bestandene Probe in der Geduld, ist er ein bewährter Mann. Wer erst anfängt, Geduld zu üben, von dem weiß man noch nicht, ob er aushalten wird, ob er ein volles Werk haben wird. Erst wenn die Geduld standgehalten hat, wird der Mensch ein bewährter Mann, ein vir probatae et spectatae fidei. Dann wird auch die Hoffnung in ihm mächtig werden, daß Gott, der ihm durchs Leiden so weit geholfen, ihm völlig durchhelfen wird zur ewigen Herrlichkeit, 1. Petr. 1, 6. 7. Das Sinnbild, das die heilige Schrift dafür gebraucht, ist die Bewährung des Edelmetalls im Feuerofen. Sofern diese Bewährung auch eine Läuterung ist, paßt das Bild vom Feuerofen und Schmelztiegel auch auf das Züchtigungsleiden, aber nicht die Läuterung des Metalls tritt hier so sehr hervor, sondern die Bewährung. Die Gluthitze des Schmelztiegels bringt dasselbe wohl in Fluß, verzehrt es aber nicht. Nur glänzender und reiner, leuchtender geht das Edelmetall aus dem Schmelztiegel und aus der Feuerprobe hervor. Das Gold wird auf dem Feuerherd, der Christ in mancher Not bewährt. Sprüche 17, 3; Sirach 2, 5. Bei dem Züchtigungsleiden ist die Läuterung des Menschen von der ihm noch anklebenden Sünde, Lust und Liebe zur Sünde der Hauptzweck des Leidens, Mal. 3, 3; 1. Petr. 4, 1. 2. Wer leidet, höret auf von Sünden, weil das Leiden dem Menschen die Lust dieser Welt, die eitle Ergötzung der Sünde vergällt, ihm die Erde bitter macht. Hebr. 12, 10. 11. Auf daß wir teilhaftig werden seiner Heiligkeit, deswegen züchtigt uns Gott; 1. Kor. 11, 32.

 Endlich ist noch zu reden von dem Leiden im allgemeinsten Sinn. Das hat keinen besonderen Zweck. Gewissermaßen alle diese Zwecke werden dort zu erreichen gesucht.

 Die von Gott beabsichtigten Wirkungen oder Früchte des Leidens sind also: Gottes Verherrlichung beim Zeugnis- und Bekenntnisleiden, des Menschen Bewährung im Prüfungsleiden, des Menschen Läuterung im Züchtigungsleiden, diese Zwecke gewissermaßen vereinigt bei dem allgemeinen Leiden. Die meisten Leiden müssen wir ansehen als Züchtigungsleiden. Das Gewissen wird uns in gar vielen, wohl in den meisten Fällen den Zusammenhang zeigen zwischen dem Leiden und unserer Sünde. Da geziemt sich Demut und Buße, sowie die Ergebung, die zum HErrn spricht: „Ich brauch’s, HErr, schlage zu.“