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sie keinen andern Zweck als die Prüfung und Bewährung Hiobs. Gott hat sozusagen mit dem Teufel eine Wette eingegangen, ohne daß Hiob darum weiß, was für ein großer Einsatz von Gott auf ihn gemacht worden ist. Der Teufel zweifelt an der Echtheit der menschlichen Tugend und Frömmigkeit. Er meint, die Frömmigkeit Hiobs sei nur eine Lohndienerei. Hiob hat gut fromm sein, denn Gott hat ihn ja gesegnet mit überfließendem Reichtum und Wohlstand aller Art, aber Gott soll nur einmal das alles ihm wieder nehmen, dann wird sich zeigen, ob es eine uneigennützige Tugend, eine reine Sittlichkeit gebe, die das Gute um des Guten willen liebt und übt und nicht nur um des Lohnes willen; und da erlaubt der Herr dem Satan dies Unglück über Hiob zu bringen. Als dann der Satan Hiob an seiner Frömmigkeit festhalten sieht, beredet er Gott, noch einen Versuch zu machen. Ein Mann läßt alles für sein Leben, sagt er. Hiob ist noch nicht am empfindlichsten Punkt angegriffen. Alles kann ein Mann verschmerzen, wenn er nur sein Leben behält. Taste ihn aber selber an, was gilt’s, dann wird er dir Valet sagen. Darauf versündigt sich Hiob zwar durch manche vermessene Reden, die indessen provoziert sind durch den Unverstand der Freunde; er hält aber doch an Gott fest und der Teufel verliert die Wette. Das ganze Leiden hat zum Zwecke die Bewährung Hiobs, die allerdings zusammenfällt mit der Ehre Gottes, wie denn das Prüfungsleiden eben nur durch diesen besonderen Zweck, der bei ihm hervortritt, verschieden ist vom eigentlichen Zeugnis- und Bekenntnisleiden. Der in der Bibel häufig dafür gebrauchte Ausdruck ist πειρασμός, Jak. 1, 2 u. 12 (1. Petr. 4, 12 ist dafür der Ausdruck πύρωσις πρὸς πειρασμόν; vgl. auch Ps. 73.

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 Verschieden von dem Martyrium und dem Prüfungsleiden und weit häufiger ist das Züchtigungsleiden. Dieses hängt zusammen mit der Sünde des Menschen. Es ist die väterliche Rute, die den Christen stäupt, der Stab Wehe, den Gott über ihm schwingt, denn dies Leiden ist veranlaßt durch die Sünde des Menschen und ist beides zugleich, eine Strafe und ein Erweis der Liebe Gottes, ein Ausfluß der Liebe wie der Gerechtigkeit Gottes, daher Luther vom Liebeszorn Gottes redet, der das Züchtigungsleiden verhängt. Es ist ein Stück göttlicher Pädagogik, die hierin zu Tage kommt, es gehört zur väterlichen Zucht, zur göttlichen Erziehung seiner Kinder. Die Hauptstelle ist Hebr. 12, 4–11. Es wird hier das Züchtigungsleiden als ein Beweis der Gotteskindschaft angesehen, als ein Erweis