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ist auch ein Beruf, wodurch der Mensch von Gott beschäftigt wird, so daß er nicht wertlos auf der Erde vegetiert.

 Zunächst ist nun das Verhältnis dieser Lehre zu dem von uns angenommenen Prinzip der Ethik, der Gottesebenbildlichkeit, nachzuweisen. Es ist biblischer Grundsatz, daß das Leiden Christo gleichförmig macht; das Leiden ist ein Stück der Ähnlichkeit des Bildes Christi, welches im Christen wieder erscheinen soll. Es ist die Wiederholung der Leidens- und Kreuzesgestalt Christi an seinen Jüngern. Wie Christus seinen Gang zur Verherrlichung und Vollendung durch Leiden nahm, so ist auch der Weg des Christen ein Weg des Leidens und geht es bei ihm durch Leiden zur Herrlichkeit. 2. Kor. 4, 10; Hebr. 2, 10 ff.; Röm. 8, 17; 2. Tim. 2, 11; Akt. 14, 22.

 2. Notwendigkeit des Kreuzes für den einzelnen und für die Kirche, von Gott geordneter Weg zur Herrlichkeit. Worin ist die Notwendigkeit des Kreuzes für den einzelnen und für die Kirche begründet? Warum müssen wir leiden? Hiefür lassen sich hauptsächlich zwei Gründe anführen.

 a) Der erste Grund ist das Vorhandensein der Sünde. In der Sünde ist das Leiden begründet. Das Leiden ist notwendig für uns, weil es mit Notwendigkeit als die Straffolge der Sünde sich einstellt. Das Leiden begann mit dem Sündenfall des ersten Menschen. Da wurde die Erde verflucht, da trug sie verwildert Dornen und Disteln. Anstatt der fröhlichen Arbeit kam die mühevolle und saure, die Schmerzen für das Weib, und als Ende von allem: Krankheit und Tod. Das Kreuz als ein Wehe ist die von Gott geordnete unmittelbare Straffolge oder Selbstfolge der Sünde. Es ist deiner Sünde Schuld, daß du so gestäupet wirst. In der Sünde, nicht bloß in der, die wir geerbt haben, sondern auch in der persönlichen Versündigung des einzelnen liegt die Notwendigkeit des Kreuzes begründet. Auf die Sünde folgt das von Gott verhängte Wehe, die Strafe, die sich summiert im Tode. Wenn einmal die Sünde in ihrer letzten Folge ausgetilgt und kein Tod mehr sein wird, wird auch kein Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen mehr sein.

 b) Das Leiden ist aber auch der für den einzelnen Christen und für die Kirche von Gott geordnete Weg zur Herrlichkeit. Darin liegt zum andern die Notwendigkeit des Kreuzes begründet. Es gibt keinen andern Weg zur Herrlichkeit, als den durchs Leiden. Was da lebet, muß verwesen, wenn es anders soll genesen der so großen Herrlichkeit,