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erachtet und sie befolgt und hat Gehorsam gegen dieselben gefordert.

 Das Verlassen dieser Ordnungen ist nicht in allen Fällen Übertretung direkter göttlicher Gebote, aber wohl in den meisten Fällen eine Versündigung an der Kirche oder eine Beeinträchtigung ihres Wohls; denn nicht ohne Schaden können sie verlassen werden. Es ist eine Thorheit und Anmaßung, wenn eine an Gaben und Weisheit ärmere Zeit über die apostolische Autorität sich erhebt, und eine Impietät gegen Gott und seine Apostel und beider Anordnungen und zugleich gegen die Kirche. Der Wesensbestand der Kirche wird indes nicht in allen Fällen verletzt, wenn solche Ordnungen aufgehoben werden.

 Bei den apostolischen Ordnungen muß man lokale und temporäre Anordnungen von den allgemeinen, für alle Zeiten und Verhältnisse der Kirche passenden, auf gleichbleibende Bedürfnisse gegründeten Ordnungen unterscheiden. Die ersteren werden hinfällig ihrer Natur nach, wenn die lokalen und temporären Umstände aufhören. Solche sind nach Augustana XXVIII, 65 z. B. die Akt. 15, 20 getroffenen: die Forderung der Enthaltung von Götzenopferfleisch, vom Genuß des Erstickten und des Blutes (was im Alten Testament verboten war); 1. Kor. 11, 10: die Forderung der Kopfbedeckung, die das Weib beim Beten haben soll, nach der damaligen Sitte (vgl. v. Hofmann, Die hl. Schrift N. T.s, II. Teil, pag. 232).

 Allgemeine, bleibende apostolische Ordnungen sind:

 a) Die Gottesdienstordnung, aber nur in den vier liturgischen Grundsteinen, Akt. 2, 42, welche die Wesensbestandteile des Hauptgottesdienstes enthalten:

1. die apostolische Lehre (das gelesene und gepredigte Wort),
2. die Gemeinschaft (die Darbringung von Liebesgaben),
3. das Brotbrechen, (Sakrament des Altars) und
4. das Gebet.

 Die Formen der weiteren Ausgestaltung des Gottesdienstes sind freigegeben. Die Kultusformen sind ein Produkt christlicher Freiheit; ihre Norm ist die Heilsordnung, die sie äußerlich abspiegeln. Zu den objektiv gegebenen Gnadenmitteln, Wort und Sakrament, kommt das subjektive, das Gnadenerwerbungsmittel, das Gebet. Sonst kommt zu Ausdruck das Bekenntnis der Sünden und des Glaubens, wie das thatsächliche Bekenntnis der Liebe: die wesentlichen Züge des Christentums.