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künstliche Bewegung und Ausdruck erhöhter Lebensfreude ist nicht zu verwehren (der Tanz in Silo; Tanz Davids und Mirjams, Richt. 21, 19 etc.; 2. Sam. 6,12 etc.; Exod. 15, 20). Die Teilnahme an Theater, Spiel und Tanz ist jedem Christen erlaubt, sofern sie an sich nichts Gottwidriges haben. Sobald aber das der Fall ist, verbietet sich nach dem oben Ausgeführten von vornherein die Teilnahme. Man kann also nicht absolut sagen: jeder Christ kann teilnehmen; denn es kommt darauf an, wie ein Christ innerlich gestellt ist. Zündet er leicht, wenn die Versuchung an ihn herantritt, so muß er diese Vergnügungen meiden, da er ja durch seine Teilnahme der Sünde entgegen käme. Weiter muß der Christ fragen, ob er nicht dadurch seinen Mitchristen Anstoß gibt. Besonders aber muß er sein eigenes Gewissen fragen. Wenn er in seinen Gefühlen benebelt wird, abgelenkt vom Gebet und von Gott, so daß ihm der Übergang zum Gebet schwer fällt, so heißt’s für ihn: „nicht mehr!“ Gerade in unserer Zeit ist es gefährlich, an diesen Vergnügungen teilzunehmen, da sie vom Teufel sichtlich zu dem Weg gemacht werden, auf dem er seine Kinder zu sich führt. So sind unsere neuen Tänze viel gefährlicher als die alten, bei denen die beiden Geschlechter nicht in so nahe Berührung mit einander kamen. Im übrigen gilt: je mehr der Christ sich in die Gemeinschaft mit seinem Heiland vertieft, desto mehr wird sich die Lust an den Vergnügungen der Welt, die nicht sündlich sein müssen, aber häufig das werden, verlieren. Durch die vielen Rücksichten, die es zu nehmen gibt, schränkt sich für den einzelnen die Möglichkeit der Teilnahme ein. – Doch kann der Seelsorger hier nur abraten, nicht verbieten.


§ 65.
Die Normen für das Handeln auf dem Gebiet der individuellen Freiheit.

 Die allgemeine Norm für das sittliche Handeln ist auch die Norm auf diesem Gebiet, nämlich das Wort Gottes, nur daß hier die richtige und geschickte Anwendung desselben auf den einzelnen Fall schwieriger ist. Es handelt sich auf diesem Gebiet ebenso wie auf dem Gebiet des Gebotenen darum, Gottes Willen zu thun, nur daß man ihn erst suchen, finden und treffen muß. Man muß sich gleichsam in den Sinn Gottes versetzen und studieren, welche Art und Weise des Thuns ihm am gefälligsten ist. „Daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, der Gott wohlgefällige und vollkommene Gotteswille,“ Röm. 12, 2. Das Gesetz bezeichnet die Grenzen des Erlaubten. Insoferne