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 Wenn wir aber richtig die Revolution mit einem Gewitter verglichen haben, das mit elementarer Gewalt, teils nützend, teils schadend hereinbricht, so haben wir damit auch den besonderen Charakter eines solchen Ereignisses richtig gekennzeichnet; eine Revolution ist nicht das Produkt langer, reiflicher Überlegung, sondern sie bricht plötzlich herein mit der Vehemenz eines Wetters; die Entladung der angesammelten Unzufriedenheit geschieht in der Weise einer Explosion. Deshalb ist obige Frage nicht zu beantworten a priori – der Christ wird ja nie vor sie gestellt; nie fragt es sich für ihn, ob er sich an einer Revolution beteiligen darf –, sondern a posteriori. Die Kritik ist eine historische, epikritische. Insofern ist also die Frage nicht ethisch zu erörtern, als ob man je vor sie gestellt wäre. Jedenfalls ist eine solche Revolution wie die französische für den Christen zu verabscheuen.

 C. Die Völker- und Staatengemeinschaft im Großen und Ganzen (äußere Politik).

 Die Völker und Staaten stehen unter einander in lebendigem Zusammenhang und es verbindet sie mehr oder minder ein enges Verhältnis, das man internationales nennt. Besonders durch den Handel und die Handelsinteressen bildet sich eine gewisse Einheit. Aber auch die Interessen von Kunst und Wissenschaft, Mission und Kirche, Kolonisation, Auswanderung, dann Bündnisse, Verträge, Vertretungen durch Konsulate und Gesandte verbinden die Völker. Es hat sich über gewisse Verhältnisse aus dem Bedürfnis heraus ein gemeinsames Recht, das Völkerrecht, gebildet. Es liegt im Interesse aller Staaten und Völker, miteinander im Frieden zu leben. Aber die Selbstsucht, welche die Politik beherrscht, bringt ebenso häufig Konflikte und Reibungen zwischen Völkern und Staaten hervor, bei denen sich eine besondere Sünde, der Nationalhaß, sehr stark geltend macht. Solche Konflikte führen häufig blutige Kriege herbei zu Land und zu See, welche dazu dienen sollen, das wirklich oder vermeintlich verletzte Recht mit Gewalt zur Anerkennung zu bringen. Es gibt gerechte Kriege, in welchen sich ein sittlicher, ja selbst ein religiöser Sinn kundgibt, es sind eigentlich Verteidigungskriege. Nicht selten nehmen auch die Kriege religiöse Interessen auf und werden mehr oder weniger zu Religionskriegen. Religiöse Interessen sind meist, wenn auch in sehr verborgener Weise die innersten Motive zu Kriegen. – Je größer und mächtiger die Staaten sind, desto mehr üben sie Gewalt über andere. Am meisten ist der gewaltthätige Charakter ausgeprägt bei den eigentlichen Weltreichen, welche die