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 3. Das Recht entsteht aus den thatsächlichen Verhältnissen und ist nichts anderes als die um den Besitz oder die Thätigkeit, namentlich Berufstätigkeit, des einzelnen gezogene und beides von dem Gebiet der andern abgrenzende Schranke. Das Recht wächst auf geschichtlicher Grundlage und ist Ergebnis der Geschichte eines Volkes. Es ist die Ordnung, welche ein Gemeinwesen teils aus der durchlebten Vergangenheit (gemachte Erfahrungen der Zweckmäßigkeit einer Einrichtung) überkommen hat, teils für die Bedürfnisse der Gegenwart, in der es lebt, neu schafft. Es bildet sich darüber ein öffentliches Rechtsbewußtsein; es entsteht ein Gewohnheitsrecht; aus diesem, wenn es fixiert und ausgesprochen wird in bestimmt ausgesprochenen Sätzen, das positive Recht (Zivil- und Kriminalrecht). Bei der Festsetzung der Rechtsgrundsätze wird teils das landschaftliche, nationale, teils das römische Recht (corpus juris civilis) als historische Grundlage genommen und es werden dieselben den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßt, weshalb die Rechtsbestimmungen teilweise immer wieder in Fluß gebracht werden müssen. Die Sammlung dieser Rechtsbestimmungen gibt das Gesetzbuch, welches die Grundlage und die Norm enthält, wonach das Recht gesprochen wird. Alles Recht beruht auf ethischer Grundlage (Trendelenburg, Naturrecht auf dem Grunde der Ethik, Leipzig 1860).

 4. Die Trägerin und Vollstreckerin der bürgerlichen Rechtsordnung ist die Obrigkeit, von dem Fürsten und seinen Räten an bis zu dem untersten Beamten. Diese ist, wie schon oben angedeutet, mannigfach gegliedert und bildet einen Organismus, dem die Leitung des Staates berufsmäßig zukommt, eine Ordnung, die von Gott gemacht ist, Röm. 13, 1; 1. Petr. 2, 13.

 5. Die Form des Staatslebens ist die Verfassung. Es gibt zwei Hauptarten der Verfassung: Monarchie und Republik, von denen jede verschiedene Unterarten hat: unbeschränkte oder absolute Monarchie (Autokratie) und beschränkte (konstitutionelle); die Republiken zerfallen in aristokratisch oder demokratisch regierte.

 a) Monarchie: d. i. Herrschaft eines einzelnen. Sie ist die älteste und ehrwürdigste Verfassung, die in der Theokratie des Alten Bundes und in der Christokratie des Neuen Testaments zu einer besonderen Ausprägung kommt. Aber die allein nötige und mögliche ist sie nicht. Monarchie ist auch die altgermanische Verfassung. Die Monarchie schließt in sich Macht, Recht und Tugend. Persönliche Treue ist das Prinzip der Monarchie. Treue Fürsorge des Herrschers für das Wohl seiner