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Sklaven. Es ist und bleibt ein Vertrauensverhältnis, anders als das Verhältnis der Tagelöhner. Der wesentliche Unterschied von dem letzteren ist, daß die Dienstboten, Gehilfen etc. ins Haus, mehr oder weniger in die Familiengemeinschaft, aufgenommen werden und daß der Hausvater schon in dieser Beziehung sittliche Anforderungen an sie stellen muß, weil sie sonst seine Familie verderben. Die Emanzipationsgelüste des dienenden Standes bringen der menschlichen Gesellschaft große Gefahr und drohen einen Umsturz der Verhältnisse. Von seiten der Herrschaften muß freilich dem dienenden Stande die nötige Schonung, leibliche und geistliche Pflege zu teil werden, das letztere, wenn es möglich ist. Man darf nicht verkennen, daß der dienende Stand ein schwerer ist, aber wenn die rechte Gesinnung dabei ist, könnte man auch eine Lobrede auf das Glück des dienenden Standes halten. Christus selbst ist für Sklaven und Dienende ein strahlendes Vorbild; er hat das Dienen geheiligt und geadelt, Matth. 20, 28; Luk. 22, 27; Joh. 13, 4. 5. 12–15. Durch die Reformation ist dieser verachtete Stand und seine Werke wieder zu Ehren gekommen. (Luther, Großer Katechismus; Müller pag. 413 Nr. 143 etc.)

 In entfernterer Weise gehört hieher auch das Verhältnis von Brotherr und Lohnarbeiter, besonders in den größeren geschäftlichen Unternehmungen und industriellen Betrieben. Je mehr dieses Verhältnis den Charakter des Familienhaften annimmt, um so besser für beide Teile. Der Sozialismus trennt dieselben und verselbständigt die „Arbeiter“ im Gegensatz zu den Herren, zum Schaden für beide, die doch auf Zusammenstehen angewiesen sind.

 b. Die Erweiterung der Familie durch Heirat (affinitas, im Unterschied von consanguinitas). Die Zuführung immer neuer und fremder, frischer Elemente durch Heirat ist eine wesentliche Bedingung für das leibliche Gedeihen der Familie. – Es bildet sich leicht in der Familie eine Familieneigentümlichkeit auch in der Gesinnung aus, ein Familiengeist. Was natürlicherweise auf diesem Boden wächst, ist in der Regel nicht edler Art, wiewohl es auch edle Familientraditionen gibt, die ihren Einfluß auf die einzelnen Glieder der Familie wohl ausüben. In der Regel ist der Familiengeist egoistisch, partikularistisch, materiell. Der äußere Vorteil, Ansehen, Gewalt, Reichtum etc. etc., ist maßgebend. Veredelt wird der Familiengeist, wenn er unter den Einfluß größerer Gemeinschaften, der bürgerlichen oder kirchlichen, gestellt wird, welcher entselbstend wirkt und opferwillig und opferfähig macht.