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es auf Erden kein Heiliger weiterbringe, als daß er sich ausstrecke nach Vollkommenheit. So wird Wahrheit in die Beurteilung gebracht und die Kinder lernen ihre Eltern lieben und ehren trotz der Sünden, ohne daß ihnen dieselben schädlich werden.

 Ein Erziehungsmittel sind

 4. die Strafen, die, je sparsamer sie angewendet werden und je empfindlicher sie für die Persönlichkeit des Kindes sind, desto besser anschlagen. Solche Mittel sind: vorwurfsvolle, mißbilligende, Unzufriedenheit ausdrückende Blicke, Tadel, Verweise, körperliche Züchtigung. Die Rute und der Stock sind nicht ganz entbehrliche Mittel, aber mit Weisheit und Kraft anzuwenden. Wo ein geringeres Mittel hinreicht, lasse man die stärkeren. Unarten müssen anders behandelt werden als Sünden. Man darf seine Strafmittel nicht erschöpfen, sondern muß für andere Fälle immer noch eins aufgehoben haben. Man halte die Vermahnung nicht für fruchtlos, auch wenn man nicht gleich die Frucht sieht. Man wendet sich dabei an den bessern Menschen und stärkt ihn, aber man hüte sich vor Überschütten mit Ermahnungen und hofmeistere nicht beständig an den Kindern herum, meist ein Fehler der Mütter, weil dadurch die Kraft des Wortes abgeschwächt wird und das Ohr dafür abgestumpft. In der ganzen Behandlung und besonders beim Strafen herrsche Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, nicht Gunst und Ungunst; es sei Ernst und Liebe vereint; man lerne Maß halten mit Vermeidung jeder Übertreibung und Leidenschaft.

 5. Mehr als alle Mittel wirkt das anhaltende Gebet der Eltern für ihre Kinder und deren besondere Bedürfnisse. Dies muß überhaupt das Α und Ω bei aller Erziehung sein. Durch das Gebet werden die anderen Erziehungsmittel geheiligt und empfangen den göttlichen Segen. Durch das Gebet ruft der menschliche Erzieher Gottes Macht, der allein das Herz ändern und lenken kann, zu Hilfe. Wo die andern Mittel nicht anschlagen wollen, hilft dies oft in verzweifelten Fällen (Monika und Augustin). Dazu ist freilich oft große Geduld nötig und die Hoffnung auf endliches Gelingen. Geduld und Hoffnung sind überhaupt zwei Mächte, welche Wunder wirken bei der Erziehung.

 Wenn aber Fehler in der Erziehung gemacht werden, was dann? Es machen alle Eltern Fehler und können nicht anders, weil sie nicht ohne Fehler sind. Nur sieht man die Fehler an anderen besser als die eigenen. Jene werden oft scharf beurteilt, ohne daß man weiß, daß einem dasselbe von andern begegnet. Verständige Eltern urteilen mild von den Fehlern