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Nöte und Verlegenheiten, die bald das eine, bald das andre Familienglied, bald die ganze Familie drücken; bald sind es innere, bald äußere Nöte und Leiden. Sie mehren sich mit dem Wachstum der Familie, mit der Zahl der Kinder: ihre Erziehung, ihr Unterhalt, ihre Versorgung, die Sorge für ihre Seligkeit macht den Eltern die größte Not. Das sind die allgemeinen Erfahrungen. Dabei ist gar keine Rücksicht genommen auf die besonderen und größeren Unglücksfälle, die oft den Ruin der ganzen Familie oder der einzelnen Glieder nach sich ziehen. Das größte Unglück sind die ungeratenen Kinder, mit denen oft die besten Eltern geschlagen sind. Zum Kreuz des Familienlebens gehören auch insonderheit die oft sehr schmerzlichen und bittern Todesfälle in der Familie und die Nahrungssorgen u. dergl. Doch haben christliche Eheleute den mächtigen Trost, daß denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. Sie machen die erfreulichsten Erfahrungen von der göttlichen Durchhilfe in allen Nöten und von dem Gnadenbeistand und der tröstlichen Nähe ihres Heilands in all ihrem Kreuz.


§ 55.
Die Ehe. Spezielle Gesichtspunkte.

 1. Eingehen der Ehe. – Dabei kommen in Betracht:

 a. Der Entschluß, eine Ehe einzugehen. Dies ist die persönlichste Sache, die es gibt. Es hat jeder zur Ehe und zur Führung der Ehe Befähigte das Recht und die Erlaubnis, dieselbe einzugehen, 1. Kor. 7, 28. 36. Eine Pflicht und Nötigung dazu besteht im allgemeinen nicht, wenn sich solche nicht aus den Umständen ergibt, 1. Kor. 7, 2. 36. Es gibt aber auch Beschränkungen der persönlichen Freiheit; das sind:

 b. Die Ehehindernisse:

 α. solche, welche an dem Eingehen einer Ehe überhaupt hindern. Das können äußere Umstände sein, z. B. Krankheit, Unfähigkeit zur Ehe oder zur Versorgung einer Familie. Armut ist an und für sich kein Hindernis (Armut ist etwas anderes als Besitzlosigkeit). Ferner gehört hierher die mangelnde obrigkeitliche Erlaubnis; solche, die sich verehelichen wollen, finden z. B. keine Gemeinde, die sie aufnimmt. Diese Ehehindernisse bringen ein unfreiwilliges Cölibat, das nicht eben gut ist. Dazu gehören auch die Erschwerungen der Ehe beim Militär durch hohe Kautionsforderung. Sie mögen sein, wie sie wollen, so sind sie absolute Hindernisse; man muß sie als Gottes Willen und