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nachzuahmender Form (denn jene Zeit trug End-Charakter, Luk. 12, 33), aber auch ohne diese Besonderheit in anderen apostolischen Gemeinden geübt wurde, 1. Kor. 16; 2. Kor. 9; vgl. Löhe, Katechismus des apostolischen Lebens (s. auch weiter unten).

 Exkurs: Armut und Reichtum. Die Vorzüge beider, die Gefahren beider; wie diese vermieden werden, nämlich durch Ausgleichung. Der öffentliche, der verschämte Arme. Auch der Arme kann geben; Beispiel: der berühmte heilige Bettler Servulus. Der christliche Reiche; die freiwillige und gänzliche Armut (s. unten).


§ 51.
Der HErr Vorbild im Verhalten gegen den Nächsten.

 Was das Verhalten zum Nächsten betrifft, ist das wiederhergestellte Ebenbild Gottes im Menschen in dem vollkommenen Vorbilde Christi und in dem unvollkommenen Nachbilde der heiligen Kirche dargestellt. – Christus ist das vollkommenste Ideal der Nächsten- und Bruderliebe und damit der Erfüllung des ganzen Gesetzes. Viele haben in dem barmherzigen Samariter Ihn selbst sehen wollen. Die Liebe aber vollendet sich in der Feindesliebe, indem ersterbend für seine Mörder bat. Seine Liebe umfaßt die ganze Menschheit, Juden und Heiden (Matth. 15, 24. 28; Joh. 10, 16) aller Zeiten und Orte, und hat eine Innigkeit und Fülle, eine Höhe und Tiefe, die alle Erkenntnis übersteigt (Eph. 3, 18). Seine Liebe ist es, die die ganze erlöste Menschheit einigt und belebt (Joh. 17, 21). Was der Apostel Paulus 1 Kor. 13 zum Lobe der Liebe sagt, das ist alles an Christo erfüllt zu sehen. Sein ganzes Leben ist ein Leben der Liebe. Aus ihr sind alle seine Tugenden, Freundlichkeit, Leutseligkeit, Barmherzigkeit gegen die Armen, Elenden und Hilflosen (fast alle seine Wunder sind Krankenheilungen oder Hilfeleistungen irgend welcher Art), Sanftmut, Geduld etc. hervorgewachsen. In der Nächstenliebe liegt neben der Gottesliebe seine große sittliche Leistung, welche sein Verdienst und den Kern seiner erlösenden und versöhnenden Thätigkeit ausmacht. Seine Hauptsorge ist auf das Seelenheil seiner Brüder gerichtet. Keiner hat für die Seelen so gesorgt als unser großer Hirt und Erzhirte, Joh. 10; 1. Petr. 2, 25; 5, 4. Er hat eine so große Achtung und Wertschätzung der unsterblichen Seele, daß er nicht will, daß jemand, auch nur ein einziger, verloren gehe (2. Petr. 3, 9). Er scheut nicht das Urteil der Menschen und geht mit Zöllnern