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eine edle und menschenwürdige Geselligkeit hinzuwirken sucht, welche auch die höchsten Fragen des Menschenlebens zu Worte kommen läßt. Das gesellige Leben gründet sich auf ein wahres Bedürfnis des Menschen, indem es einesteils Ruhe und Erholung von der strengen Arbeit bietet, andernteils Mittel und Form, mit andern in freier Weise zu verkehren, wobei der Leib in der Regel nicht zu kurz kommt. Es darf sich aber Leib und Seele freuen in dem lebendigen Gott (Ps. 84, 3). Dazu hat Gott auch die Kreaturen geschaffen (Ps. 104, 13). Dahin gehört auch die Geselligkeit mit ihren festlichen Veranlassungen im häuslichen, engeren und weitern Kreise, zum Teil auch in Übung der Gastfreundschaft, soweit sie nicht Barmherzigkeit ist. Dahin gehören alle Formen der geschlossenen und öffentlichen Gesellschaft, in denen die Menschen zu ihrer Erholung mit einander, es sei bei Bier oder Wein, bei Thee oder Kaffee, verkehren. Dahin gehören die größeren Gastmahle bei festlichen Gelegenheiten.

 Diese alle sind dem Christen erlaubt zu besuchen, wenn sie nichts seinem Glauben Anstößiges oder sein geistliches Leben Störendes an sich tragen, so lange er sich in Unschuld und ohne Verletzung seines Gewissens freuen kann, solange er sich, was der eigentliche Zweck des geselligen Lebens ist, dadurch erfrischt und gekräftigt fühlt für seine Berufsarbeit, solange Anstand und Zucht in solchen Kreisen herrscht. Es heißt der Welt brauchen und nicht mißbrauchen (1. Kor. 7, 31). Die Liebesmahle standen auf der Grenze des Geselligen und Religiösen und sind die edelste Blüte heiliger Geselligkeit, die in der nächsten Nähe die Sakramentsgemeinschaft hat (1. Kor. 11). Der Christ fördert das Wohl des Nächsten auch durch die Art und Weise, wie er am geselligen Leben teil nimmt. (Des HErrn Vorbild.)

 Wo man sich aber im geselligen Leben „der Welt gleichstellen“ muß und die Welt ihren spezifischen Charakter herauskehrt, da muß sich der Christ entziehen, auch auf die Gefahr hin, engherzig zu erscheinen (Röm. 12, 2). Durch solches Zurückziehen gibt der Christ Zeugnis dawider. Die Welt liegt im Argen, ist voller Versuchungen und soll dem Christen gekreuzigt sein, 1. Joh. 5, 19; Gal. 6, 14. In ihr herrscht Fleischeslust, Augenlust und hoffärtiges Leben (1. Joh. 2, 16), daraus allerlei Fleischessünden, Völlerei, grobe und feine Buhlerei entspringt (6. Gebot), Jak. 4; Gal. 5, 19. Dahin gehören die weltförmigen Vergnügungen: Spiel, Tanz, Theater etc.,