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höchsten Lebenszweckes dient, mit andern Worten: was dem Willen Gottes entspricht.

 Anm. Gut wird auch im Sinne von „nützlich“ gebraucht, es heißt dann, was zur Erreichung untergeordneter oder vorübergehender Lebenszwecke dient. Das ethisch Gute ist immer nützlich, doch das Nützliche in dem näher bezeichneten Sinn nicht immer gut. Das Utilitäts- oder Opportunitätsprinzip ist ein sittlich verwerfliches.

 Gott ist gut, der absolut Gute, Matth. 19, 17; Röm. 12, 2, der Heilige, der in vollem Einklang mit sich selbst steht, der Inbegriff und das Urbild alles Guten. Der Mensch ist sein Nachbild, Ebenbild, als solches geschaffen mit der Aufgabe, Gott ähnlich zu werden, Eph 5, 1; Matth 5, 48; Lev. 19, 2. Ähnlichkeit mit Gott bezeichnet die Höhe der sittlichen Vollendung. Gott ähnlich werden kann der Mensch aber nicht, wenn er nicht in Gemeinschaft und im Einklang mit Gott steht, er kann es nicht ohne Selbstmitteilung Gottes. Gott ist gütig, indem er seinen Geschöpfen allerlei Wohltaten, Gutes, d. h. was ihr Wohlsein fördert, mitteilt, Das höchste Gut muß ein für alle vorhandenes Gut sein. Gott ist das höchste Gut, als Inbegriff alles dessen, was für die Geschöpfe wünschenswert und förderlich ist. Dieses wird er für uns, indem er sich selbst uns mitteilt (Ps. 73, 25). In dem Besitz Gottes besteht des Menschen Glückseligkeit (Gottseligkeit). Das höchste Gut vollkommen zu genießen, ist höchstes Ziel menschlichen Begehrens (die Seligkeit). Das Streben nach diesem höchsten Ziel fällt zusammen mit dem Ringen nach der höchsten sittlichen Vollendung. Beides aber kann man nur erreichen in der Gemeinschaft Gottes. Ohne den Besitz des höchsten Gutes, d. h. ohne die innigste Gemeinschaft mit Gott, kann der Mensch nicht einmal einen Anfang zu seiner sittlichen Vollendung machen. Das lehrt freilich erst das Christentum. Erst muß man in Gott selig sein, ehe man heilig werden kann, und die vollendete Heiligkeit erfolgt nicht ohne die vollendete Seligkeit.

 Sittlich böse ist, was dem Willen Gottes widerstreitet. Was des Menschen Leben und Wohlsein hindert und stört, ist ein Übel. Das Übel folgt dem Bösen wie dem Körper der Schatten. Das ist Gottes Ordnung im Bereich der Sittlichkeit; denn Gott ist ebenso gerecht als gütig. Die strafende Gerechtigkeit ist Gottes Reaktion gegen das Böse.

 Die Ethik hat nun zu zeigen, wie der Mensch in den einzelnen Lebensbeziehungen sich verhalten soll, um seiner oben genannten Aufgabe gerecht zu werden.