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sie wecken, stärken, reinigen, läutern, weil sie zugleich Tugenden sind. Sie sind der Schmuck des Christen und Förderungsmittel zum Guten.

 Die Kehrseite der Tugend ist das Laster, das zur Fertigkeit gewordene Böse, in niederem Maße die Untugend, der Mangel der Tugend: die Untreue, die Lieblosigkeit, Undankbarkeit, der Hochmut und Stolz, die Gewissenlosigkeit, Thorheit, Unlauterkeit, Trägheit, Maßlosigkeit, der Ungehorsam und die Ungerechtigkeit. Alle diese Untugenden entstellen den Menschen, Gottes Bild, und wenn sie gesteigert auftreten, so machen sie aus ihm ein Bild des Teufels.


§ 46.
Der Verlust des geistlichen Lebens und der persönlichen Tüchtigkeit zum Guten. Der Weg des Verderbens.

 1. Das Werk des heiligen Geistes kann durch des Menschen Untreue gestört und das Ziel ganz verfehlt werden. Hier ist für jeden Christen große Gefahr; denn Untreue gegen die Gnade, insonderheit gegen das Wort und gegen das Gewissen, ist Mißbrauch derselben, schnöder Undank und Ungehorsam. Und dieser Mißbrauch zieht erst den Verlust der Gnadenwirkungen, schließlich der Gnade selbst nach sich: „Wer nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat.“

 2. Sehr häufig ist der Verlust des geistlichen Lebens unmerklich und geschieht in allmählichen Übergängen. Die große Masse getaufter Christen verliert die Taufgnade sehr bald durch Vernachlässigung der empfangenen göttlichen Gabe. Leichtsinn und Trägheit sind die Hauptursachen. Mit Recht werden die Unterlassungssünden als die folgereichsten und schwersten bezeichnet, deswegen, weil der Mensch das einzige Rettungsmittel zurückweist, die Gnade.

 Der heilige Geist verfehlt sein Werk,

 a. wenn der Mensch seine Bekehrung unterläßt. Unter christlichen Einflüssen stehend, aber zu keiner Entschiedenheit kommend, wird der Mensch eine Zwittergestalt von weltförmigem Christentum oder von christlich gefärbter Weltförmigkeit. Das sind die Namen- und Halbchristen, die zwar eine gewisse Ehrbarkeit zeigen, aber innerlich doch von Gott entfremdet und ihm oft mehr feind sind, als die offenbaren Sünder, und innerlich, sittlich irgendwie angefressen. Bei manchen derartigen ringt sich doch oft noch, wenn auch im Sterben erst, das Bessere durch, aber viele gehen in fleischlicher Sicherheit und