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schneller, aufopfernder; Gerechtigkeit (Lebensgerechtigkeit im Gegensatz zur Glaubensgerechtigkeit) gleich Gesetzeserfüllung (relative) nach allen Beziehungen und von innen heraus; Gerechtigkeit, sofern sie jedem, Gott und Menschen, das Seine gibt (suum cuique); Heiligkeit, sofern das Leben einen gottesdienstlichen, priesterlichen, geweihten Charakter hat (s. o.). Der Gesetzesnorm gleich, und zugleich die faktische Erfüllung und Realisierung des Gesetzes darstellend, und zwar in vollkommener Weise ist das Vorbild Christi, welches zugleich durch seine Schönheit anzieht und zur Nachahmung und Nacheiferung reizt. Das rechte Verhalten gegen das Vorbild ist die Nachfolge Christi, seine Jüngerschaft.

 6. Seinem Gewissen gegenüber, mit welchem der heilige Geist verbunden ist, Röm. 9, 1, bezeugt der Christ Treue zum Entgelt und Dank für die ihm erzeugte Gnade Gottes, die ihm ein gutes Gewissen gegeben hat, sorgfältige Aufmerksamkeit auf die Wirkungen seines Gewissens, und das ist die Gewissenhaftigkeit, „eine Wirkung des Geistes Gottes und Eigentum und Eigenschaft des persönlichen Menschengeistes“. Sie wird als „die subjektive Grundkraft der christlichen Tugend“ bezeichnet, weil alle Erkenntnis erst fruchtbar wird fürs Leben, wenn sie sich zu Impulsen für den Willen umsetzt, wenn sie durchs Gewissen hindurchgegangen, Gewissenssache geworden ist.

 7. Gegenüber dem höchsten Lebensziel im Zusammenhang mit dem göttlichen Lebensgrund erweist sich die christliche Tugend dadurch, daß sie alles ausschließt aus ihrem Denken und Thun, was nicht aus dem rechten Lebensgrund, aus Gott, aus den rechten Motiven kommt und nicht auf das rechte Ziel hinführt, also alle falschen Motive, alle falschen Absichten, störenden Nebenabsichten, und heißt dann Lauterkeit, Reinigkeit (Keuschheit der Seele). Wenn sie ausschließlich der Einen Lebensrichtung, die aus dem rechten göttlichen Prinzipe zum rechten Ziele führt, sich hingibt und ohne alle Zwiespältigkeit mit allen Kräften das Eine erstrebt, was not ist, so heißt sie Einfalt.

 Anm. Die Einfalt ist diejenige Beschaffenheit der Seele, bei welcher dieselbe frei ist von allen Nebenrücksichten, von aller Einmischung unlauterer Beweggründe, daher die Ganzheit, Lauterkeit des christlichen Lebens dadurch bedingt wird, 2. Kor. 11, 3: ἁπλότης ἡ εἰς Χριστόν.

 Sofern sie aber nur diesem Ziele mit ganzer Kraft nachstrebt, erscheint sie als Tugend der Strebsamkeit, des Eifers, des Fleißes in guten Werken.

 Alle die genannten Geisteswirkungen, Gnadengaben und sittlichen