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Einleitung.


§ 1.
Name der Ethik. Die ethische Aufgabe des Menschen.

 Ethik soviel als Moral, Sittenlehre, „Wissenschaft von dem Sittlichen“ (von ἦθος, mos, Sitte) schon von Aristoteles gebraucht. Sitte ist die zur Gewohnheit gewordene Lebensform einer größeren oder kleineren Gemeinschaft (eines Hauses, eines Dorfes, eines Landes) in äußerlichen Dingen, in Dingen des gewöhnlichen Lebens. Übergang von dem Begriff „Sitte“ zum Begriff „Sittlichkeit“: die allgemeine Anerkennung einer Sitte und die dadurch auf die Einzelnen wirkende Macht der Sitte wirkt wie die eines Gesetzes. Es gibt gute und schlechte Sitten, eine christliche Sitte. Wichtigkeit derselben: sie hilft den christlichen Charakter des Volkslebens wahren und erhält es im Zusammenhang mit dem Christentum. Wer der guten Sitte nachkommt, ist sittig, gesittet, im Gegensatz zur Formlosigkeit im Verhalten, zur Roheit. Etwas ganz anderes ist sittlich, Sittlichkeit, sittliches, ethisches Verhalten. Dieses setzt eine höchste Lebensaufgabe, die Richtung auf einen höchsten Lebenszweck, wozu der Mensch bestimmt ist, voraus. Wer mit Rücksicht auf einen solchen höchsten Lebenszweck handelt, hat eine sittliche Ansicht vom Leben und handelt sittlich im Gegensatz zu denen, die zweck- und ziellos in den Tag hineinleben. Die Überleitung von Sitte zu Sittlichkeit geschieht durch den Begriff der Sitten einer einzelnen Persönlichkeit als ihrer individuellen, frei und bewußt von ihr erwählten Lebensform. Die Anlage zur Sittlichkeit ist dem Menschen von Gott anerschaffen. Sein Ziel, die sittliche Vollendung, kann er nicht erlangen ohne Gott.

 Sittlich gut und böse: Sittlich gut ist, was zur Erreichung des