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und andere große Schande und Laster stürzen, eine auf den ersten Anblick überraschende Zusammenstellung. Doch hängt dies zusammen; denn wer verzweifelt, für den ist eben der Halt mit dem Glauben an Gottes Wort verschwunden und der Teufel vermag dies zu benützen, indem er dem Menschen sagt: „Du bist doch verloren“. Ist dem Teufel dies gelungen, so stellen sich andere Sünden, Schande und Laster, von selber ein. (Auch wenn einer durch Hinwegreißen des Wortes am Glauben gehindert wird. Das wird die tiefere Bedeutung jenes Zuges im Gleichnis sein, Luk. 8, 12; Matth. 13, 19). Dieser Hergang der Versuchung wird uns am deutlichsten vor Augen gestellt durch die Versuchung Adams und Evas im Paradies und durch die Versuchung Christi in der Wüste und in der passio magna. Aus Gen. 3 sehen wir, wie der Teufel das Wort Gottes aus dem Herzen zu reißen sucht, zuerst dadurch, daß er in dem Weibe über den Inhalt desselben Unsicherheit zu erwecken sucht. Das zweite ist die direkte Verneinung: „Ihr werdet mit nichten des Todes sterben“. Das dritte, eigentlich Satanische ist die Umkehrung des göttlichen Worts, der warnenden Stimme der Wahrheit in eine Aufforderung der Lüge durch Verdächtigung Gottes. Der Sinn seiner Rede ist nämlich der: was ihr als Sünde fürchtet zu thun, ist euer Glück, denn ihr werdet sein wie Gott; dies Glück wird euch in Mißgunst von Gott vorenthalten. –

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 In der Versuchung des zweiten Adam begegnet uns der gleiche Versuch des Teufels, dem Worte Gottes einen verkehrten Sinn unterzuschieben. Das Wort „Er hat seinen Engeln befohlen über dir etc.“ wendet er so, als ob damit dem Belieben des Menschen ein Freibrief ausgestellt wäre. Wenn der Mensch nicht mehr in der Burg des Wortes Gottes steht, so kann ihn der Teufel zu Fall bringen. Die Mittel, durch welche er den Menschen positiv zu Fall zu bringen sucht, sind hauptsächlich die Erregung der Fleischeslust, der Augenlust, des hoffärtigen Wesens, durch vorgespiegelte Scheingüter und zum andern die Furcht durch die Erweckung von Trübsal, 1. Kor. 7, 5; 1. Tim. 5, 15; Gal. 5, 16 (Fleischeslust bei Simson und David). Von der Augenlust ist der Geiz eine Form, 1. Tim. 6, 9, vor allem ist es die Trübsal, Luk. 22, 31; 1. Thess. 3, 5; 1. Petr. 4, 12; 5, 8–9; Act. 20, 19. Diese Versuchung können wir nicht wegbeten; in dem Sinn, daß wir ein von Versuchung freies, friedliches Leben führen könnten, wird die 6. Bitte nicht erhört, gewiß aber in dem Sinn, daß Gott keine allzuschweren