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hieher das Wort 1. Joh. 3, 9 σπέρμα αὐτοῦ ἐν αὐτῷ μένει gehören. Aber das an sich lebendige Samenkorn bleibt ohne empfängliches Erdreich eben doch so gut wie tot. Auch bietet sich zur Veranschaulichung des inneren Zustandes eines wiedergebornen, aber noch nicht zur Bekehrung gekommenen Menschen jenes Gleichnis des HErrn vom Schatz im Acker (Matth. 13, 44) dar, welches auch deutlich zeigt, wie ein äußerliches Haben mit einem Nichthaben zusammengehen kann, wie ein unbewußter Besitz im Grunde sich nicht unterscheidet vom Nichtbesitz und wie es dann doch nur eines Innewerdens, eines Bewußtwerdens des schon vorhandenen geistlichen Lebens, einer Hebung des bereits zum Eigentum gewordenen Schatzes bedarf, um ihn dann in voller Wirklichkeit zu haben.

 Dies wird festgehalten werden müssen, auch wenn zuzugeben ist, daß das geistliche Leben bei einem in der Kindheit Getauften unentwickelt bleiben und so verkümmern kann, daß für die Wahrnehmung zwischen einem solchen nicht bekehrten Getauften und einem Ungetauften kein Unterschied ist, weswegen die Wiedererweckung des geistlichen Lebens als neue Schmerzensgeburt bezeichnet wird, Gal. 4, 19. Daß aber dieser Akt nur ein Akt der Neuerweckung des schon in der Taufe gesetzten geistlichen Lebens ist, dafür cf. 2. Tim. 1, 6. Hiernach erklärt sich auch, wie der Sprachgebrauch, der jeden Getauften einen Wiedergebornen nennt, einer großen Einschränkung bedarf. So gewiß die Taufe das Bad der Wiedergeburt ist, so gewiß darf man doch einen Wiedergebornen nur den nennen, der die Wiedergeburt sich auch angeeignet hat. Nur in der Einheit von Wiedergeburt und Bekehrung gibt es Wiedergeborne.

 Es ist die Frage zu beantworten, ob die Bekehrung als eine plötzliche, momentane, oder als ein lang andauernder Prozeß zu denken ist? Wenn die Bekehrung als die einmalige Entscheidung und Wendung im Leben gefaßt wird, so kann sie nur eine momentane sein, denn der Mensch als eine sittliche Persönlichkeit kann doch keinen Augenblick seines Lebens sittlich neutral sein. Wenn er nicht mehr der Welt zugekehrt ist und in ihr seine Güter und Freuden sucht, dann muß er bereits Gott zugekehrt sein. Es kann auch in diesem Sinn kein Mensch zweien Herren dienen. Er kann nicht zwischen zwei Herren mitten inne neutral stehen. Eine ganz andere Frage ist, wie es mit der Vorbereitung zur Bekehrung steht? Sieht man auf die Arbeit der vorlaufenden Gnade, so ist jede Bekehrung von länger oder kürzer