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der schaffenden Thätigkeit ist ein Geschöpf; die Wirkung der Wiedergeburt ist, daß sie Gottes Kinder macht, τέκνα θεοῦ.

 Die sittliche Umwandlung, die durch die Wiedergeburt im Menschen vor sich geht, heißt γεννηθῆναι, welches Wort erklärt, daß dieser Vorgang ohne alles Zuthun des Menschen sich vollzieht. Die Wiedergeburt ist ein wunderbar gewirkter, neuer Lebensanfang inmitten des sich fortsetzenden natürlichen Lebensprozesses (die rationalistische Anschauung sieht in der Wiedergeburt nur eine reformatio und reparatio des Menschen). Sehen wir auf den paulinischen Ausdruck „neue Kreatur“, so finden wir, daß es sich nicht bloß um eine Verbesserung, sondern um einen wunderbar gewirkten, ganz neuen Lebensanfang handelt. Diese ein novum hervorbringende Wirkung der Wiedergeburt tritt auch darin hervor, daß der neue Mensch ein geschaffener genannt wird, wie St. Paulus sagt: καινὴ κτίσις. Daraus sehen wir wiederum, daß es sich hier um einen neuen Lebensanfang handelt; es ist etwas, was von oben her und von neuem gewirkt ist in dem natürlichen Menschenleben. Ebenso wird durch den Ausdruck „Geburt“ die völlige Passivität des Menschen bei der Wiedergeburt hervorgehoben. Es ist lediglich ein göttliches Werk.

 Hieher paßt auch ganz gut das Bild von der Erweckung aus dem Tode. Auch bei diesem Bilde ist vollständig ausgeschlossen der Gedanke, daß das frühere, natürliche Leben sich fortsetze und steigere. Von dem natürlichen ist das neue Leben durch den Tod getrennt. Es ist ein vollständig neuer, von Gott auf wunderbare Weise gewirkter Lebensanfang, der freilich eintritt inmitten des fortlaufenden natürlichen Lebens, aber von oben her.

 Worauf es jetzt hier ankommt, ist bloß der Gedanke, daß die neue Kreatur nichts anderes ist, als das wiederhergestellte Ebenbild Gottes im Menschen, daß der neue Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wird. Durch die Wiedergeburt wird ein neues Leben im Menschengeiste erzeugt, Röm. 8, 6, welches Anfang und bleibender innerer Grund des neuen, ewigen Lebens ist, verbunden mit einer sittlichen Umwandlung und Veränderung dem Keime nach (Röm. 8, 4) durch Zuführung neuer göttlicher Kräfte, die den Menschen heiligen und von dem Sündenschaden, auch was seine physische Natur betrifft, heilen sollen und können. Der Mensch bekommt seine Freiheit wieder, er kann das Gute thun. Darin besteht für das erste die Wiederherstellung des göttlichen Ebenbildes.