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Empfangenen; die Hoffnung triumphiert über das Mangelnde. – Der Glaube macht uns geschickt zur Herrschaft über diese Welt, die Liebe zum Dienst für diese Welt, die Hoffnung zum Verzicht auf diese Welt. – Der Glaube ruht in dem, worin er für diese Zeit volle Genüge hat; die Liebe thut und schafft in dem, worin sie sich nie genug thut; die Hoffnung verliert sich in das, was sie über alle Genüge und Ungenüge dieser Welt hinauserhebt. – Der Glaube ist die Zuversicht dessen, das man hofft, die Liebe der Erweis davon, daß man glaubt, die Hoffnung die dem Ziele voraneilende Besitzergreifung dessen, was man im Glauben lieben und ersehnen gelernt hat. – Der Glaube ist, was er zu sein im Schauen aufhört; die Hoffnung ist, was sie zu sein im Vollbesitz anfhört; die Liebe ist, was sie zu sein nie aufhört; denn Gott ist die Liebe.“ (Harleß, Ethik.)

 Wo in einem Menschen das wunderbare Dreigestirn: Glaube, Liebe, Hoffnung wohnt, da wohnt auch Gott; solch ein Mensch ist göttlich gesinnt und gerichtet und trägt Gottes Bild erkennbar an sich und Gottes Herrlichkeit leuchtet aus ihm in dreifach gebrochenem Lichte und lieblichem Farbenglanz. Selig der Mensch, dem die himmlische Gnade diese dreifache Gabe verleiht. Er ist in Wahrheit ein Bürger des Himmels schon hienieden auf dieser Erde.


§ 41.
Der Anfang der Hineinbildung des göttlichen Ebenbilds in den Menschen in der Wiedergeburt durch die Taufe.

 Die Wiedergeburt ist ein durch Wort, 1. Petr. 1, 23, und Taufsakrament, Tit. 3, 5, vermittelter schöpferischer Akt des heiligen Geistes, der sich ohne alles Zuthun des Menschen vollzieht und dessen Resultat der neue Mensch, die neue Kreatur ist, 2. Kor. 5, 17; Gal. 6, 15; Eph. 4, 23; Kol. 3, 9. 10. Andernteils erscheint sie auch als eine wirkliche Geburt aus Gott, Joh. 1, 13, d. h. als eine Mitteilung göttlicher Lebenskräfte, ja eine Mitteilung göttlichen Wesens, göttlicher Natur an den Menschen, 2. Petr. 1, 4; Joh. 3, 3 „ἄνωθεν γεννηθῆναι“, von neuem geboren werden; daher auch Tit. 3, 5: „παλιγγεννησία“, das Bad der Wiedergeburt; 1. Petr. 1, 23: „wiedergeboren aus unvergänglichem Samen“ (1. Joh. 3, 9). Der Same ist die göttliche Lebenskraft, das Wort Gottes, das zu neuen Menschen gebiert. In allen diesen Stellen ist die Neusetzung eines geistlichen Lebens als ein γεννηθῆναι bezeichnet, vgl. auch Jak. 1, 18: „Er hat uns gezeuget nach seinem Willen, daß wir wären Erstlinge seiner Kreaturen.“ Das Resultat