Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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und wer hat Ernst Winter geschlachtet? Der Jude antwortete zunächst nicht. Als ich die Frage wiederholte, sagte der Jude: „Die Juden brauchen Christenblut, aber nur die vom Stamme Abraham.“ Weiter sagte der Jude: „Wenn ein Jude vor Gericht einen Eid leistet, so gilt dieser wohl vor Gericht, aber nicht vor Gott. Nur der Eid, der von den Juden in der Synagoge geschworen wird, ist gültig; dafür müssen aber an den Rabbiner 1 Mark 50 Pfennig gezahlt werden. – Gemeindevorsteher Mausolf: Der Angeklagte Vergin sei Nachtwächter und Ortsdiener in Stegers und als solcher vereidet. Er sei stets ein nüchterner Mann und pflichttreuer Beamter gewesen. Vergin sei verheiratet und habe acht Kinder, von denen das älteste 15, das jüngste ein halbes Jahr alt sei. – Vergin fügte hinzu: Seine Frau sei wieder in guter Hoffnung. – Gemeindevorsteher Mausolf: Vergin sei ganz arm; wenn er verurteilt würde, dann müßte die Gemeinde die ganze Familie ernähren. – Vors.: Darüber sind Sie nicht gefragt worden. Wenn Vergin schuldig ist, dann muß er verurteilt werden. – Weitere Zeugen bekundeten: Der Jude sei auch von anderen Leuten heftig geschlagen worden, weil er nicht sagen wollte, wer Ernst Winter geschlachtet hat und wo das Blut von Winter hingekommen ist. – – Gastwirt Schülke: Soweit ihm erinnerlich, habe Tischlermeister Stutzke den Juden gefragt: ob die Juden Christenblut brauchen. Der Jude habe geantwortet: Die vom Stamm Lewy brauchen nur Rotwein, die vom Stamm Abraham brauchen aber Christenblut. – Vors.: Wenn in Ihrer Wirtschaft Gäste geschlagen werden, schreiten Sie alsdann nicht ein? – Zeuge: Ich habe den Leuten gesagt, Sie sollten den Juden nicht schlagen. – Auf Antrag eines Geschworenen wurde festgestellt, daß der Zeuge Lietz bekundet hat: Schuhmachermeister Graeber habe den Juden etwa zehnmal heftig auf den Kopf geschlagen. – Schülke: Das ist möglich; ich hatte in meiner Wirtschaft zu tun und konnte nicht alles beobachten. – Auf
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/246&oldid=- (Version vom 31.7.2018)