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Tatsache, daß ein Ereignis, welches zu einer bestimmten Zeit vorfällt, etwa gleichzeitig einer räumlich entfernten Person zum Bewußtsein kommt, ohne daß die uns bekannten Wege der Mitteilung dabei in Betracht kämen. Stillschweigende Voraussetzung ist, daß dies Ereignis eine Person betrifft, an welcher die andere, der Empfänger der Nachricht ein starkes emotionelles Interesse hat. Also z. B. die Person A erleidet einen Unfall, oder sie stirbt und die Person B, eine ihre nahe verbundene, die Mutter, Tochter oder Geliebte, erfährt es ungefähr zur gleichen Zeit durch eine Gesichts- oder Gehörswahrnehmung; im letzteren Falle also so, als ob sie telephonisch verständigt worden wäre, was aber nicht der Fall gewesen ist, gewissermaßen ein psychisches Gegenstück zur drahtlosen Telegraphie. Ich brauche vor Ihnen nicht zu betonen, wie unwahrscheinlich solche Vorgänge sind. Auch darf man die meisten dieser Berichte mit guten Gründen ablehnen; einige bleiben übrig, bei denen dies nicht so leicht ist. Gestatten Sie mir nun, daß ich, für den Zweck meiner beabsichtigten Mitteilung, das vorsichtige Wörtchen „angeblich“ weglasse und so fortsetze, als glaubte ich an die objekte Realität des telepathischen Phänomens. Aber halten Sie daran fest, daß dies nicht der Fall ist, daß ich mich auf keine Überzeugung festgelegt habe.

Ich habe Ihnen eigentlich wenig mitzuteilen, nur eine unscheinbare Tatsache. Ich will Ihre Erwartung auch gleich weiter einschränken, indem ich Ihnen sage, daß der Traum im Grunde wenig mit der Telepathie zu tun hat. Weder wirft die Telepathie ein neues Licht

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/50&oldid=- (Version vom 21.5.2018)