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Äußerungen des frühkindlichen Sexuallebens zur bewußten Erinnerung zu bringen. Nun sind diese ersten Sexualerlebnisse des Kindes mit schmerzlichen Eindrücken von Angst, Verbot, Enttäuschung und Bestrafung verknüpft; man versteht, daß sie verdrängt worden sind, aber dann versteht man nicht, daß sie einen so breiten Zugang zum Traumleben haben, daß sie die Muster für so viele Traumphantasien hergeben, daß die Träume von Reproduktionen dieser Infantilsszenen und von Anspielungen an sie erfüllt sind. Ihr Unlustcharakter und die Wunscherfüllungstendenz der Traumarbeit scheinen sich doch schlecht miteinander zu vertragen. Aber vielleicht sehen wir in diesem Fall die Schwierigkeit zu groß. An denselben Kindheitserlebnissen haften ja alle die unvergänglichen, unerfüllten Triebwünsche, die durchs ganze Leben die Energie für die Traumbildung abgeben, denen man es wohl zutrauen kann, daß sie in ihrem gewaltigen Auftrieb auch das Material peinlich empfundener Begebenheiten an die Oberfläche drängen können. Und anderseits ist in der Art und Weise, wie dieses Material reproduziert wird, die Bemühung der Traumarbeit unverkennbar, die die Unlust durch Entstellung verleugnen, Enttäuschung in Gewährung verwandeln will. Bei den traumatischen Neurosen ist es anders, hier laufen die Träume regelmäßig in Angstentwicklung aus. Ich meine, wir sollen uns nicht scheuen zuzugestehen, daß in diesem Falle die Funktion des Traumes versagt. Ich will mich nicht auf den Satz berufen, daß die Ausnahme die Regel bestätigt; seine Weisheit erscheint mir recht zweifelhaft. Aber wohl hebt die

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/40&oldid=- (Version vom 21.5.2018)