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und lassen jedem sein eigenes Ziel. Wie sich die beiden im Lebensprozeß vermengen, wie der Todestrieb den Absichten des Eros dienstbar gemacht wird, zumal in seiner Wendung nach außen als Aggression, das sind Aufgaben, die der Forschung der Zukunft überlassen bleiben. Wir kommen nicht weiter als bis zur Stelle, wo sich eine solche Aussicht vor uns auftut. Auch die Frage, ob der konservative Charakter nicht allen Trieben ausnahmslos eignet, ob nicht auch die erotischen Triebe einen früheren Zustand wiederbringen wollen, wenn sie die Synthese des Lebenden zu größeren Einheiten anstreben, auch diese Frage werden wir unbeantwortet lassen müssen.

Wir haben uns ein wenig weit von unserer Basis entfernt. Ich will Ihnen nachträglich mitteilen, welches der Ausgangspunkt dieser Überlegungen zur Trieblehre war. Derselbe, der uns zur Revision der Beziehung zwischen dem Ich und dem Unbewußten geführt hat, der Eindruck aus der analytischen Arbeit, daß der Patient, der Widerstand leistet, so oft von diesem Widerstand nichts weiß. Aber nicht nur die Tatsache des Widerstands ist ihm unbewußt, auch die Motive desselben sind es. Wir mußten nach diesen Motiven oder diesem Motiv forschen und fanden es zu unserer Überraschung in einem starken Strafbedürfnis, das wir nur den masochistischen Wünschen anreihen konnten. Die praktische Bedeutung dieses Fundes steht hinter seiner theoretischen nicht zurück, denn dies Strafbedürfnis ist der schlimmste Feind unserer therapeutischen Bemühung. Es wird durch das Leiden befriedigt, das

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/149&oldid=- (Version vom 21.5.2018)