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erstreckt sich ein Vermögen, verlorene Organe neu zu bilden, und der Heiltrieb, dem wir, neben den therapeutischen Hilfeleistungen, unsere Genesungen verdanken, dürfte der Rest dieser bei niederen Tieren so großartig entwickelten Fähigkeit sein. Die Laichwanderungen der Fische, vielleicht die Vögelflüge, möglicher Weise alles, was wir bei den Tieren als Instinktäußerung bezeichnen, erfolgt unter dem Gebot des Wiederholungszwangs, der die konservative Natur der Triebe zum Ausdruck bringt. Auch auf seelischem Gebiet brauchen wir nicht lange nach Äußerungen desselben zu suchen. Es ist uns aufgefallen, daß die vergessenen und verdrängten Erlebnisse der früheren Kindheit sich während der analytischen Arbeit in Träumen und Reaktionen, besonders in denen der Übertragung reproduzieren, obwohl ihre Wiedererweckung dem Interesse des Lustprinzips zuwiderläuft, und haben uns die Erklärung gegeben, daß in diesen Fällen ein Wiederholungszwang sich selbst über das Lustprinzip hinaussetzt. Auch außerhalb der Analyse kann man Ähnliches beobachten. Es gibt Menschen, die in ihrem Leben ohne Korrektur immer die nämlichen Reaktionen zu ihrem Schaden wiederholen, oder die selbst von einem unerbittlichen Schicksal verfolgt scheinen, während doch eine genauere Untersuchung lehrt, daß sie sich dieses Schicksal unwissentlich selbst bereiten. Wir schreiben dann dem Wiederholungszwang den dämonischen Charakter zu.

Was kann aber dieser konservative Zug der Triebe für das Verständnis unserer Selbstzerstörung leisten? Welchen früheren Zustand wollte ein solcher Trieb

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/147&oldid=- (Version vom 21.5.2018)