Seite:Freud Neue Folge der Vorlesungen zur Einfuehrung in die Psychoanalyse 1933.pdf/112

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

XXXII. VORLESUNG

ANGST UND TRIEBLEBEN

Meine Damen und Herren! Sie werden nicht überrascht sein zu hören, daß ich Ihnen manche Neuheiten von unserer Auffassung der Angst und der Grundtriebe des Seelenlebens zu berichten habe, auch nicht, daß keine derselben als endgiltige Lösung der schwebenden Probleme gelten will. In bestimmter Absicht spreche ich hier von Auffassungen. Es sind die schwierigsten Aufgaben, die uns gestellt werden, aber die Schwierigkeit liegt nicht etwa an der Unzulänglichkeit der Beobachtungen, es sind gerade die häufigsten und vertrautesten Phänomene, die uns jene Rätsel aufgeben; auch nicht an der Entlegenheit der Spekulationen, zu denen sie anregen; spekulative Verarbeitung kommt auf diesem Gebiet wenig in Betracht. Sondern es handelt sich wirklich um Auffassungen, d. h. darum, die richtigen abstrakten Vorstellungen einzuführen, deren Anwendung auf den Rohstoff der Beobachtung Ordnung und Durchsichtigkeit in ihm entstehen läßt.

Der Angst habe ich bereits eine Vorlesung der früheren Reihe, die fünfundzwanzigste, gewidmet. Ich muß deren Inhalt in Verkürzung wiederholen. Wir haben gesagt, Angst sei ein Affektzustand, also eine Vereinigung von bestimmten Empfindungen der Lust-Unlustreihe mit

Empfohlene Zitierweise:
Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/112&oldid=- (Version vom 21.5.2018)