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von 1658, kehrt der Artikel in verschärfter Fassung wieder. Er verpflichtet den Kaiser, bei Bestellung und Ansetzung der Reichskanzlei dem Kurerzkanzler „in der ihme allein disfalls zustehenden Disposition, unter was Vorwand es seye, keine Eingriff oder Verhindernüss zu thun“, und erklärt „alles was inskünftige dawider gethan oder verordnet werde“, für ungültig[1]. In dieser Fassung ist der Artikel in alle folgenden Wahlcapitulationen übergegangen[2]. 1742 kommt neu das Versprechen des Kaisers hinzu, die Reichsgeschäfte allein durch den Reichsvicekanzler besorgen und sie nicht zur Erb-Land-Hofcanzlei ziehen zu lassen[3]: eine Bestimmung, die gleichfalls alle spätern Capitulationen wiederholen. Es ist erklärlich, dass, wenn auch dem Rechte nach dem Kaiser sein Minister in Reichssachen durch einen Reichsstand, den Erzbischof von Mainz, bestellt wurde, die Ausführung dieser Vorschrift nicht ohne Verständigung beider Theile über die zu ernennende Persönlichkeit geschah. Nach mancherlei Conflicten war man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu dem Modus gekommen, dass der Kaiser dem Erzbischof einen Candidaten zur Reichsvicekanzlerwürde „recommandirte“[4]. Waren auch nachher noch wieder Irrungen eingetreten, so ist doch in der hier interessirenden Zeit der Standpunkt gütlicher Uebereinkunft festgehalten worden. So war 1734 Graf von Metsch, bisher Reichshofrathsvicepräsident[5], 1737 Graf Rudolf von Colloredo ernannt worden, der letzte als Substitut mit dem Rechte der Nachfolge beim Tode des Reichsvicekanzlers[6]. Erst während des Interregnums starb der Graf von Metsch. Dass der österreichische Graf Colloredo unter dem neuen Kaiser aus dem bairischen Hause als Reichsminister fortgedient hätte, verbot sich aus politischen Gründen. Waren bisher meist österreichische Landsassen zu Reichsvicekanzlern bestellt worden[7], so erhielt 1742 Graf Johann Georg von Königsfeld, der als erster


  1. Art. XL (Ziegler S. 259).
  2. Joseph I. Art. XXXIX, Carl VI. Art. XXV 1, ebenso Carl VII. u. ff.
  3. Art. XXV 4.
  4. Seeliger, Reichskanzler und Reichskanzleien (Innsbr. 1889) S. 161; Kretschmayr im Archiv f. österreich. Gesch. Bd. 84 (1898) S. 429 ff.
  5. Einst kais. Gesandter im niedersächs. Kreise, unten S. 157.
  6. Seeliger S. 163; Kretschmayr S. 457.
  7. Moser, v. röm. Kaiser S. 436.
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Frensdorff: Das Reich und die Hansestädte. Weimar: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 20 = 33 , 1899, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frensdorff_Das_Reich_und_die_Hansest%C3%A4dte_153.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)