Seite:Freiburg Bauten 234.jpg

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.


Es sind am Münster in seiner jetzigen Gestalt auch für den Laien vier Hauptzeiten der Bauthätigkeit zu unterscheiden. Der ältesten Periode gehört der spätromanische Querbau an, der zweiten die beiden Ostjoche des Langhauses, der dritten der Thurm in seinem gesammten Aufbaue mit den daran anschliessenden westlichen Jochen des Schiffes, der vierte endlich der spätgothische Chor. Dazu kommen noch, um die malerische Abwechslung zu erhöhen, die Anbauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Romanisches Relief bei der St. Nicolauskapelle.

In der Zusammenfügung so verschiedenartiger Theile, welche ohne störende Schroffheit ineinander übergehen und fast den Eindruck einer einheitlichen Schöpfung hervorrufen, lässt sich ein allmähliches Ausreifen der Formen vom Mittelbau nach Westen hin deutlich verfolgen, während der Chor mit seiner überreichen Gliederung in einem gewissen Gegensatze steht zu der schlichten Erhabenheit der älteren Perioden.

Der romanische Bau. Die Urkunde durch welche Herzog Konrad von Zähringen im Jahre 1120 Freiburg in's Leben rief, gedenkt der Erbauung eines Oratoriums hinter der Marktstätte, also gegen den Schlossberg und die spätere Pfaffengasse hin. Nun bedeutet zwar das Wort »oratorium« im Sprachgebrauche jener Zeit ein kirchliches Gebäude von nur beschränktem Umfange, vielleicht auch von dürftiger Architectur, etwa eine Kapelle in Holz oder Fachwerk hergestellt. Anderseits ist jedoch zu bedenken, dass es bei der Gründung der Stadt auf ein volkreiches Gemeinwesen, auf einen möglichst raschen und starken Zufluss handeltreibender Elemente abgesehen war. Es ist daher die Annahme, dass hier mit dem Namen »oratorium« ausnahmsweise ein grösser angelegter, wenn auch nicht einer längeren Entwickelung städtischer Kultur entsprechender Kirchenbau bezeichnet worden sei, keineswegs von der Hand zu weisen. Dieser älteste Bau würde dann als der unmittelbare Vorgänger derjenigen Kirche zu betrachten sein, deren bedeutende Ueberreste gegenwärtig en Mittelbau unseres Münsters bilden und ihm würden wir vielleicht die wenigen frühromanischen Sculpturen zuzuweisen haben, welche dem späteren romanischen Neubau unorganisch eingefügt worden sind und dort durch ihren alterthümlichen Charakter sich auffallend abheben. Wir

Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_234.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2023)