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Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung

nur das Sacrament des Altars ist ihnen unzugänglich, weil sie der Kirche nicht angehören wollen die es feiert. Vielleicht aber giebt es auch andere Wege, um die bei gemischten Gemeinden sich etwa vernothwendigende Sonderung ohne Verletzung wohlbegründeten Rechts und christlicher Liebespflicht auszuführen. Sie würden sich schon ausfindig machen, wenn man mit vereinten Kräften darnach forschte. Warum sollte man sich dessen weigern? Sehe ich recht, so berühren sich in der Weigerung die beiden Extreme unlutherischer Milde und unlutherischer Engherzigkeit. Denn einestheils sucht man vor den schwachen Gemüthern, als ob sie nie stark zu werden brauchten, den Streit der Kirchen zu verhüllen, der doch eine offne weltgeschichtliche von Gott zugelassene Thatsache ist, anderentheils benimmt man sich so als ob es zur Seligkeit schon genüge, auch nur äußerlich und mit halbem Herzen innerhalb der lutherischen Kirche zu sein. Es ist aber doch jedenfalls besser, wenn man eine Ueberzeugung hat und dorthin sich hält, wohin man durch seine Ueberzeugung gewiesen ist, als wenn man gar keine Ueberzeugung hat und weder recht reformirt noch recht lutherisch ist. Wir verhehlen es uns allerdings nicht, daß in gemischten städtischen Gemeinden bei der Massenhaftigkeit mancher Parochien die seelsorgerliche Sichtung, welche wir wünschen, eine riesige Arbeit ist. In solchen Gemeinden giebt es Hunderte, welche weder Rechts noch Links wissen und denen die Entscheidungsfrage nur mühsam oder gar nicht klar zu machen ist. Es wäre aber auch eine ebenso thörichte als ungeduldige und unbarmherzige Forderung, daß diese alle plötzlich in entschiedene Lutheraner oder Reformirte umzuschaffen seien. Das ist nicht möglich. Eine Landeskirche wird immer eine mehr oder weniger blinde und unbewußte Mitgliedermasse enthalten. Es ist das ihr Uebel, aber auch ihr Segen; denn, um nur Eine Seite dieses Segens anzudeuten, das christliche Bewußtsein und Leben vieler Menschen bleibt bis zur letzten diesseitigen

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Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung. Theodor Bläsing, Erlangen 1852, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Franz_Delitzsch_-_Die_bayerische_Abendmahlsgemeinschaftsfrage.pdf/23&oldid=- (Version vom 10.11.2016)