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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

fort sauste das Gefährt in wilder Jagd wie ein nächtiges Gespenst über die blanke Schneefläche, als habe es den Satan im Rücken.

Da war keine Zeit zum Denken. Und Ernst Philippi dachte nichts mehr, er schrie zu seinem Gott in seiner Angst und Qual, an ihm vorüber flogen Bäume, Telegraphenstangen und Gelände, und wie aus schwerem dumpfem Traum erwachend, sah er sich in der kleinen schlummernden Stadt. –

Dreiviertel Stunden später sprengte ein Pikett berittener russischer Kosaken in geschlossenem Trabe dieselbe Landstraße zurück. Vor ihnen her wie ein winziger Punkt sauste ein kleiner Schlitten über die Schneefläche.

„Der Gaul hat den Teufel im Leibe! Das muß man sagen!“ rief der Leutnant lachend. „Sollen wir uns von dem Gaul eines deutschen Pfarrers beschämen lassen? Vorwärts, Kinder!“

Gegen den sternenklaren Himmel schlug eine feurige Lohe.

Mit den Zähnen knirschend schwang Ernst Philippi die Peitsche. „Finkenhorst brennt, Doktor!“ sprach er heiser. „Die Kosaken kommen zu spät.“

„Wie gewöhnlich!“ nickte der kleine Mann im Biberpelz. „Wann kommen jemals Kosaken in Kurland zur Zeit?“

Ein vielstimmiges Rindergebrüll tönte dumpf und klagend durch die stille Winternacht.

„Sie haben die Ställe in Brand gesetzt, die Banditen!

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/94&oldid=- (Version vom 31.7.2018)