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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Hurra! Der Rausuppensche Herr! Hurra!“ schrien einige Stimmen.

Ein paar Mützen flogen in die Luft, die Stimmung war umgeschlagen – aufgehellte Mienen, freudige Gesichter.

„Ich dank’ euch, Kinder,“ rief der alte Herr, „die Ehre des Lettenvolkes ist noch nicht ganz danieder, es gibt gottlob noch echte Männer unter euch!“

Da flog eine hellgekleidete Frauengestalt ohne Hut und Mantel unter die Menge. Ihre Augen leuchteten fieberhaft. Isa Berger war’s. „Was geht hier vor?“ schrie sie. „Hier geht etwas vor! Ich fühl’s, ich weiß es ... Robert, lebst du?“ Schwer atmend lag sie an seiner Brust.

Erregte Gruppen bildeten sich um sie her. Unbehelligt geleiteten die Barone den Pastor und seine Frau bis vor ihr Heim.

Robert Berger schwamm es vor den Augen. Eine nach­trägliche Schwäche drohte ihn zu übermannen. „Wie kam es, daß die Herren alle so rechtzeitig da waren?“ fragte er und blickte wie ein Kind von einem zum andern.

„Lassen’s nur gut sein, lieber Pastor,“ lachte der Rausuppensche gemütlich und klopfte ihn auf die Schulter. „Sie haben einen ganz tüchtigen Kandidaten!“

Robert Berger begriff noch immer nicht. Rasch kam seine Frau ihm zu Hilfe. „Darum also waren Sie so lange fort gestern abend, Herr Kandidat!“ rief sie mit leuchtenden Augen und reichte ihm beide Hände. „Sieh, Robert, dein Freund ist bei all den

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)